Zivilcourage zeigen. Verantwortung übernehmen. Nicht weg sehen, nicht schweigen, wenn andere gemobbt werden. Wie kann dies bei Jugendlichen erreicht werden? Das Buch von Christina Zitzmann gibt konkrete und praxisnahe Antworten und zeigt, wie zivilcouragiertes Handeln in Schule und Jugendarbeit gefördert werden kann.
Studien zeigen, dass Mitschüler in Mobbing-Situationen verschiedene Rollen einnehmen. Es gibt Schüler, die den Täter anfeuern oder aktiv unterstützen.
Eine etwa gleich große Gruppe versucht sich aus dem Geschehen herauszuhalten. Selten erhält ein Opfer Hilfe durch Mitschüler. Als Begründung dafür geben viele Schüler an, dass dies nicht ihre Angelegenheit ist und sie Angst haben, selbst zum Opfer zu werden.
Das Verhalten von Lehrkräften kann ein weiterer Bedingungsfaktor für das Entstehen von Mobbing sein. Mehrere Studien bestätigen, dass ein niedriges pädagogisches und soziales Engagement von Lehrern in Zusammenhang mit häufiger Aggression zwischen Schülern steht. "Aggressives Schülerverhalten ist verbunden mit einem mangelnden Lebensweltbezug von Lerninhalten, geringen Mitbestimmungsmöglichkeiten für Schüler sowie mit einer geringen Attraktivität und einer hohen Dysfunktionalität des Schulraums", betont die Autorin.
Zivilcourage ist pädagogische Sisyphusarbeit. Nur durch kontinuierliches Ausprobieren, verbunden mit der Aufforderung zur Reflexion des Gelernten, können Jugendliche Selbstsicherheit in schwierigen Situationen gewinnen. Der Mut wächst mit dem Üben.
Um couragiert handeln zu können, müssen Jugendliche über spezifische Kompetenzen verfügen. Diese müssen in der Schule geübt werden, so die Autorin.
Übungsbeispiel Außenseiter: Die Jugendlichen erleben durch ein ausgefeiltes Rollenspiel eine Außenseitersituation und können nachvollziehen, wie sich jemand fühlt, der von einer Gruppe ausgeschlossen wird. Dadurch wird die Empathie für die Situation von Außenseitern erhöht.
Übungsbeispiel Verhalten in Konflikten: Durch ein szenisches Spiel sollen die Jugendlichen eigenes und fremdes Konfliktverhalten bewusst wahrnehmen und ihr individuelles Kommunikationsverhalten in Konflikten reflektieren. Den Jugendlichen soll bewusst werden, welche Merkmale ihr persönlicher Kommunikationsstil aufweist und wie dieser auf andere wirkt.
Jugendliche können in der Schule lernen, Verantwortung zu übernehmen. Es ist daher wichtig, junge Menschen in ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten zu stärken, Selbstsicherheit im couragierten Handeln zu entwickeln. Konkrete Übungen zeigen Jugendlichen gewaltfreie Strategien in Gewaltsituationen und erweitern ihr Handlungsrepertoire. Auch der Film "Das Frankfurter U-Bahn-Experiment" (ausleihbar bei allen Landesfilmdiensten) wird als Trainingsbeispiel für Zivilcourage vorgeschlagen.
Das Buch ist in fünf Kapitel gegliedert. Zu Beginn werden theoretische Überlegungen zum Themenkomplex Gewalt, Mobbing und Zivilcourage angestellt. Im zweiten Kapitel wird das Projekt "Alltagshelden" mit seinen konzeptionellen Grundlagen, Zielen und der Zielgruppe vorgestellt. Im Hauptteil werden sieben in der Praxis erprobte Konzepte zu den Themen Kommunikation, Vorurteile, Mobbing, Gewalt und Zivilcourage erläutert. Jedes Konzept besteht aus einem einführenden Text, der Zielbeschreibung, der Erläuterung des thematischen Ablaufes, der detaillierten Methodenbeschreibung und hilfreichen, sofort einsetzbaren Kopiervorlagen. Dieses ausgezeichnete Praxishandbuch bietet allen, die in Schule und Jugendarbeit mit Gewalt und Mobbing konfrontiert werden, eine wissenschaftliche Grundlage, reichhaltige Materialien und viele wertvolle Anregungen für die eigene Praxis. Die Konzepte sind detailliert und praxisnah beschrieben und verfolgen das Ziel, zivilcouragiertes Handeln von jungen Menschen zu wecken, zu unterstützen und zu fördern. Sehr empfehlenswert.
Christina Zitzmann
Alltagshelden. Aktiv gegen Gewalt und Mobbing - für mehr Zivilcourage.
Praxishandbuch für Schule und Jugendarbeit.
Wochenschau Verlag, Schwalbach/Ts. 2004: 240 S., 24,80 Euro