Schulpolitik ist ein Langstreckenlauf und als Ausdauersportlerin weiß ich, dass man sich den Weg gut einteilen muss, Etappe für Etappe", sagt Nordrhein-Westfalens neue Schulministerin Barbara Sommer mit Blick auf die ihr zugefallene Aufgabe. Die völlig überraschend von NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) berufene Ressortchefin ist eine praxiserfahrene Grund- und Hauptschullehrerin, die zuletzt als Schulamtsdirektorin in Gütersloh arbeitete. Auf der politischen Bühne ist Barbara Sommer jedoch ein absoluter Neuling. Die ersten Entscheidungen, die die 56-jährige Mutter von fünf Kindern bereits in ihren ersten Ministertagen treffen musste, gibt der Koalitionsvertrag der schwarz-gelben Regierung vor.
Bereits im Wahlkampf hatte die CDU angekündigt, dass sie in der Schulpolitik die Weichen neu stellen würde, falls sie nach 39 Oppositionsjahren wieder an die Regierung käme. Als Sofortmaßnahme stoppte sie nach dem Wahlsieg ein von Rot-Grün beschlossenes Schulgesetz. Damit bleiben die Halbjahreszeugnisse in der dritten Grundschulklasse erhalten. Die neue Schulministerin korrigiert damit die Entscheidung der früheren SPD-geführten Regierung, auf solche Zeugnisse zu verzichten.
Vor allem die Elternverbände hatten sich dafür eingesetzt, an den Halbjahreszeugnissen festzuhalten. Außerdem unterbleibt die Bündelung von Biologie, Chemie und Physik zu einem neuen Fach "Naturwissenschaften". Vielmehr gibt es weiter spezifischen Fachunterricht. Rot-Grün und der Verband Bildung und Erziehung (VBE) kritisieren die Entscheidung. Die Schulbuchverlage sprechen von "Fehlinvestitionen" in Millionenhöhe für Lehrbücher. Für die neue Koalition der Mitte in Düsseldorf ist dies allerdings nur der Anfang der nach dem Koalitionsvertrag geplanten "Neuen Chancen für die Bildung". Zur Bekämpfung des Unterrichtsausfalls sollen im Laufe der fünfjährigen Legislaturperiode "schrittweise und bedarfsgerecht auf alle Schulformen verteilt 4.000 neue Lehrerstellen" eingerichtet werden. Die neuen Stellen will die schwarz-gelbe Landesregierung aus dem Abbau von 1,5 Prozent der Stellen in der inneren Landesverwaltung sowie über eine konsequente Umsetzung alter und neuer kw-Vermerke finanzieren. Gleichzeitig sollen die Ganztagsangebote erweitert und qualitativ verbessert werden.
Das Einschulungsalter wird schrittweise vorgezogen. Kinder sollen bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres eingeschult werden. Gleichzeitig will die Landesregierung erreichen, dass bereits von der ersten Klasse an, zur ersten Fremdsprache, das heißt überwiegend Englisch, hingeführt wird. Außerdem wird sichergestellt, dass das Abitur nach zwölf Jahren erreicht werden kann. Die neue Schulministerin, die Freunde als "kompetent, eloquent und kontaktfreudig" beschreiben, wird diese und noch mehr Fähigkeiten brauchen, um die Wende in Nordrhein-Westfalens Schulpolitik durchzusetzten.
Die Autorin ist freie Journalistin, Düsseldorf/Köln.