In der Europäischen Union soll es in Zukunft einheitliche Standards für die Berechnung der LKW-Maut geben. Ab 2012 soll die Mautpflicht für Lastkraftwagen außerdem grundsätzlich auch für Kleintransporter ab 3,5 Tonnen gelten. Einen entsprechenden Entschluss verabschiedete das Europaparlament am 15. Dezember in Straßburg. Zuvor hatten sich die Abgeordneten mit dem Europäischen Rat auf auf die neue Richtlinie geeinigt. Sie dürfte in Kürze auch von den Verkehrsministern abgesegnet werden. Danach haben die EU-Staaten zwei Jahre Zeit, die neuen Bestimmungen umzusetzen.
Die neue Wegekostenrichtlinie sei ein Schritt nach vorn zu einer nachhaltigen Verkehrspolitik, sagte der verkehrspolitische Sprecher der deutschen Sozialdemokraten im Europaparlament, Willy Piecyk. Viele Abgeordnete in Straßburg hatten durchsetzen wollen, dass die Mitgliedsstaaten bei der Berechnung der Lkw-Maut auch die externen Kosten des Güterverkehrs auf der Straße berücksichtigen dürfen. Gemeint sind damit jene Beeinträchtigungen der Umwelt und der Gesundheit, die die Lastwagen auf dem Weg durch die EU verursachen. Dieser Vorschlag scheiterte vorerst am Widerstand der EU-Staaten, die am Rande der Union liegen. Sie wollen möglichst ungehindert und billig in und durch das Zentrum der EU fahren. Ohne preiswerten Transport könnten Unternehmen in Spanien oder Polen nicht in den europäischen Markt integriert werden, argumentieren die Randstaaten ebenso wie die EU-Kommission.
Die Leidtragenden dieser Verkehrspolitik wohnen an den Transitstrecken durch Deutschland, Frankreich oder Österreich. Ihre Regierungen hatten sich im Ministerrat dafür stark gemacht, einen möglichst großen Anteil der externen Kosten in die Maut einzurechnen. Die Wegekostenrichtlinie bringt für sie insofern einen Fortschritt, als sie ihnen das Recht gibt, Straßenbenutzungsgebühren für Lkw zu erheben. Um Spediteure aus anderen EU-Staaten vor ungerechtfertigten Forderungen zu schützen, müssen sie sich dabei aber an eine bestimmte Berechnungsmethode halten. Als stritiggilt dabei, wie Faktoren wie Luftverschmutzung oder Lärm in der Maut Berücksichtigung finden können. In die Kalkulation der Maut dürfen zudem nur die Kosten aus den zurückliegenden 30 Jahren für den Bau und den Unterhalt der Autobahnen oder Fernstraßen eingehen, die zum transeuropäischen Netz eines Mitgliedstaates gehören. Auch auf deutschen Druck wurde dieser Zeitraum gegenüber dem Kommissionsentwurf, der 15 Jahre vorsah, durchgesetzt. Das deutsche Autobahnnetz ist alt, ein kürzerer Referenzzeitraum hätte für die Bundesrepublik deutlich niedrigere Gebühren bedeutet. Die Bundesregierung setzte sich auch mit der Forderung durch, dass vorerst nur Lkw ab zwölf Tonnen Gesamtgewicht Maut bezahlen müssen.
Viele Abgeordnete halten die neue Verordnung für einen Dolchstoß in den Rücken der Bahn, die für das Schienennetz weiterhin im vollen Umfang aufkommen muss. Als problematisch gilt außerdem, dass keine anerkannte Methode zur Verfügung steht, nach der die externen Kosten kalkuliert werden. Die Kommission soll diese Methode in den kommenden zwei Jahren entwickeln und danach einen Vorschlag machen, um die externen Kosten zu internalisieren.
Der nächste Konflikt ist damit programmiert. Schon heute, sagt der CSU-Abgeordnete Markus Ferber, kämen die Spediteure über die Mineralölsteuer und ihre Versicherungsprämien auch für Umwelt- und Gesundheitsschäden auf. Sein britischer Fraktionskollege Bradburn bezeichnete das Konzept hingegen als "reine Geldschneiderei".