Vier Pistolen lagen auf dem Tisch vor Thorsten Führing vom Ministerium des Inneren in Sachsen-Anhalt, der als Sachverständiger zur öffentlichen Anhörung des Innenausschusses am 13. Februar zum Thema Änderung des Waffengesetzes ( 16/7717) geladen war. Vier Pistolen, die sich äußerlich bis ins Detail glichen. Nur eine davon war eine "scharfe Waffe" - eine, wie sie die Polizei etwa in Nordrhein-Westfalen nutzt. Alle anderen gelten als so genannte Anscheinswaffen - Waffen, die täuschend echt nachgebildet sind, aber nicht unter das Waffenrecht fallen. Doch auch solche Waffen sind gefährlich - in dieser Einschätzung herrschte Einigkeit unter den Experten.
Erich Bartsch vom Bundeskriminalamt (BKA) plädierte daher für ein absolutes Führverbot von Anscheinswaffen. Das Mitführen derartiger Waffen in der Öffentlichkeit könne zu Bedrohungsszenarien führen, die fatale Folgen, wie etwa den Schusswaffengebrauch der Polizei haben könnten. Aus seiner Sicht wünschenswert wären auch Sanktionsmöglichkeiten wie Geldbußen bei Verstößen gegen das Verbot, die derzeit im Gesetzentwurf nicht vorgesehen sind. Ein Mitführverbot derartiger Waffen reiche nicht aus, um ihren Gebrauch durch Kinder und Jugendliche in der Öffentlichkeit zu verhindern, sagte hingegen Thorsten Führing. Seiner Ansicht nach müssten bei allen Anscheinswaffen zumindest die bestehenden waffenrechtlichen Regelungen, die für den Erwerb und das Führen von Schreckschusswaffen gelten, angewendet werden. Ebenfalls für ein Verbot des freien Verkaufs von Anscheinswaffen sprach sich Professor Dietmar Heubrock von der Universität Bremen aus. Zum einen führe die Bedrohung auch mit einer Anscheinswaffe oft zu langer Traumatisierung der Opfer und zum anderen habe beispielsweise der Schulamoktäter von Emsdetten mit Anscheinswaffen sein späteres Handeln trainiert.
Professor Franz Csaszar von der Universität Wien sieht zwar ein Mitführverbot als sinnvoll an - das Hauptproblem sei jedoch der enorme Bestand an illegalen Waffen. Daran werde auch ein neues Waffengesetz nichts ändern, so Csaszar. Da nur zwei bis drei Prozent aller im Zusammenhang mit Straftaten sichergestellter Waffen aus legalem Besitz stammten, gebe es für eine Verschärfung des Waffenrechts keinen grundsätzlichen Bedarf.
Die deutsche Waffengesetzgebung, so Jürgen H. Kohlheim vom Deutschen Schützenbund, gehöre schon jetzt zu den schärfsten in Europa. Weitergehende Maßnahmen seien daher nicht nötig. Kohlheim plädierte aus schießsportlichen Gründen für eine Absenkung der Altersgrenze für Sportschützen von zwölf auf zehn Jahre. Nur so könnten deutsche Sportschützen international mithalten. Es gehe dabei nicht um den Besitz von Waffen, sondern allein um das Schießen auf einer Sportstätte unter qualifizierter Aufsicht.