Bankenkrise
Steinbrück warnt vor Hysterie und Panikmache - Unterstützung der IKB verteidigt
Die internationale Bankenkrise ist noch lange nicht zu Ende. Dies erklärte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) am 15. Februar im Bundestag in seiner Regierungserklärung zur Lage auf den Finanzmärkten. Gleichzeitig warnte er jedoch vor Panikmache.
"Wir haben es in und zu Lasten weiter Teile der Welt mit einer ernsten Finanzkrise zu tun. Sie wird uns weit in das Jahr 2008hinein beschäftigen", betonte der Minister. Die Ursachen der Krise ortete er in den USA: Die US-Banken hätten auf der Jagd nach der schnellen Rendite ihre Anforderungen an Kreditqualitäten deutlich verringert und risikoreich, schlecht gesicherte Hypothekenkredite vergeben. Die damit verbundenen Kreditrisiken seien von den Banken auch deshalb übernommen worden, weil man die Möglichkeit gehabt habe, sie über Verbriefungstransaktionen und strukturierte Produkte "lieber jetzt als gleich" aus den eigenen Büchern in den Markt zu verkaufen. Die Käufer dieser hochkomplexen Produkte mit "verpacktem Sprengstoff" hätten diese vornehmlich außerhalb ihrer Bilanzen geführt. Insgesamt gehe es dabei aber nicht um eine Bank, die sich in "unverantwortlicher Weise" verzockt habe, der Internationale Währungsfonds gehe vielmehr von einem Wertberichtigungsbedarf in Höhe von insgesamt 400 Milliarden US-Dollar aus. Er betonte, dass das Risikomanagement der Europäischen Zentralbank, der Bundesbank sowie der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht funktioniert habe. Auch deshalb habe die Krise auf die Wirtschaftsentwicklung bislang keinen gravierenden Einfluss gehabt. Die deutsche Wirtschaft werde in diesem Jahr um 1,7 Prozent wachsen, eine Rezession sei nicht zu befürchten.
Als Konsequenzen aus der bisherigen Bankenkrise forderte der Minister, dass die Banken "klar Schiff machen" müssten in ihren Bilanzen - und zwar ohne langen Aufschub. Wer glaube, mögliche Wertberichtigungen oder Verlust nur in "Häppchen" nach "Salami-Taktik-Manier" offenbaren zu müssen, der provoziere nicht nur die eigene "Abstrafung" durch den Markt, sondern handele zum Schaden des gesamten Finanzsektors in der Bundesrepublik Deutschland. Auch verlange die Krise nach politischen Reaktionen. Der Minister zeigte sich überzeugt davon, dass es zu international gültigen Spielregeln kommen müsse. Diese bezögen sich zum Beispiel auf die Eigenkapitalunterlegung der Banken, besseres Liquiditätsmanagement und auf höhere Transparenz.
Steinbrück verteidigte die Unterstützung der angeschlagenen Mittelstandsbank IKB durch den Bund. Von den insgesamt benötigten 1,5 Milliarden Euro trage der Bund mindestens 1 Milliarde Euro, so Steinbrück. Der Bundesverband deutscher Banken habe sich bereit erklärt, 300 Millionen Euro bereitzustellen. "Für die restlichen 200 Millionen Euro wird es eine Lösung geben, die im Zweifelsfall im laufenden Haushalt 2008 eingesammelt werden muss", sagte der Minister. Zwar werde diese Rettungsaktion für den Bund teurer als zunächst erwartet, trotzdem sei dies nötig gewesen, um die Bank zu retten. Dies sei aus Sicht der Bundesregierung notwendig, um eine Verschärfung der Bankenkrise in Deutschland zu verhüten und Schaden vom Finanzplatz abzuwehren. Die Rettungsaktion diene auch dazu, die IKB verkaufsfähig zu machen. Dieser Verkaufsprozess, der schon begonnen habe, solle nun "so schnell wie möglich abgeschlossen" werden.
Unterstützt wurde der Minister von den Sprechern der Koalitionsfraktionen. Norbert Röttgen (CDU/CSU) forderte effektives Handeln, bevor die Krise noch größer wird. Es gehe nicht um "Schnellschüsse", jedoch müsse das Vertrauen wieder hergestellt werden. Er hielt es für sinnvoll, den Internationalen Währungsfonds fortzuentwickeln. Für Ludwig Stiegler (SPD) ist die Krise da -"tiefgreifend und hässlich". Jetzt müsse alles getan werden, dass die Bankenkrise nicht auf die reale Wirtschaft durchschlage. Er warnte davor, in Deutschland den öffentlichen Bankensektor schlecht zu reden. Gerade die Sparkassen seien Garant dafür, dass es keine Kreditklemme gebe.
Keine Unterstützung fand Steinbrück jedoch bei den Sprechern der drei Oppositionsfraktionen im Bundestag. Diese warfen dem Bund Versagen vor und kritisierten, dass vor allem der Finanzminister nicht die Verantwortung übernehme.
So hielt Hermann Otto Solms (FDP) dem Minister vor, dass die Kontrollen besonders aus seinem Ministerium nicht ausreichend gewesen seien. Die Spekulationen der Bank mit amerikanischen Immobilien seien im Geschäftsbericht nachzulesen gewesen. Danach seien zwei Drittel der Investitionen in solche oder ähnliche Finanzpakete geflossen. Weiter wies Solms darauf hin, dass die rund 38-prozentige Beteiligung der staatseigenen KfW-Bankengruppe an der IKB unter Steinbrücks Vorgänger Hans Eichel (SPD) durchgesetzt worden sei. Die Regierung müsse jetzt die Verantwortung übernehmen. Ein "Bauernopfer" reiche nicht aus.
Auch Gregor Gysi (Linksfraktion) kritisierte, dass der Bund zur Rettung der Mittelstandsbank IKB Steuergelder einsetzen werde. Erst versage die staatliche Bankenaufsicht, dann schieße der Staat Milliarden in die Bank. Am Ende werde der Bürger die Zeche zahlen. Nach seiner Ansicht, wird jeder Bäckermeister besser überwacht und kontrolliert. Die immer größere Spanne zwischen Reich und Arm wirke sich zerstörerisch auf die Gesellschaft aus. Fritz Kuhn (Bündnis 90/Die Grünen) meinte, dass die Bundesregierung sich nur aus der Verantwortung stehlen wolle. Zwar sei die Rettung der IKB "grundsätzlich richtig", doch müsse Steinbrück auch die Verantwortung für Missmanagement übernehmen.