BUNDESTAG
Energiesparen stand in den Berliner Parlamentsgebäuden von Anfang an hoch im Kurs. Doch den Grünen genügte das nicht. Künftig wird daher nur noch Strom aus erneuerbaren Quellen gekauft
Sie ist ein Touristenmagnet: die Glaskuppel des Reichstagsgebäudes. Tausende Besucher stehen täglich Schlange, um von hier aus nicht nur einen Blick über Berlin, sondern auch in den darunter liegenden Plenarsaal des Bundestags zu werfen. Die wenigsten wissen jedoch, dass die Kuppel nicht nur ein architektonisches Meisterwerk, sondern auch in punkto Energieeinsparung spitze ist: Ein mit 360 Spiegeln besetzter Trichter in ihrer Mitte lenkt das durch die Glasfenster einfallende Tageslicht ins Innere des Plenarsaals.
Doch das ist nicht die einzige technische Finesse, die sich hinter den massiven Steinfassaden des historischen Reichstags verbirgt: Von außen mag man es dem alten Gebäude nicht ansehen, doch der Bundestag verfügt über ein hochmodernes Energiekonzept, in dem das Sparen von Energie ein zentraler Punkt ist. Wer durch die Parlamentsgebäude läuft, dem wird an vielen Stellen auffallen, wie bemüht die Planer waren, die Verschwendung von Strom oder Wärme zu vermeiden: Bewegungsmelder schalten etwa beim Betreten von Toilettenräumen das Licht an und löschen es unmittelbar nach dem Verlassen wieder. Natürlich sind, wo möglich, die mehreren Tausend Lampen mit energiesparenden Leuchtmitteln versehen. Auch auf eine Vollklimatisierung der Büros wurde bewusst verzichtet.
Stattdessen setzten die Planer zum einen auf eine automatische Be- und Entlüftung, zum anderen entwarfen sie ein ausgeklügeltes System der "Betonkerntemperierung". In den Wänden sind dabei wie bei einer Fußbodenheizung dünne Rohre eingelassen. Das Wasser darin kann bei Bedarf geheizt oder gekühlt werden. "So kommt es nie zu großen Temperaturschwankungen", erklärt Burkhard Göggelmann, der in der Bundestagsverwaltung das Referat Liegenschaften und Gebäudetechnik leitet. Das bedeutet im Klartext: Weniger Heizbedarf und weniger Energieverbrauch.
Neben dem sparsamen Umgang mit Strom und Wärme setzt das Energiekonzept des Bundestags zudem auf die eigene Erzeugung und Nutzung regenerativer Energien: Auf den Dächern von drei Parlamentsgebäuden wurden daher insgesamt rund 3.600 Quadratmeter Solarzellen aufgebaut. Zusammen mit den zwei Blockheizkraftwerken im Keller des Reichstagsgebäudes und des Paul-Löbe-Hauses, deren Motoren mit aus Raps gewonnenem Biodiesel betrieben werden, können so bis zu 50 Prozent des Gesamtstrombedarfs der vier großen Parlamentsneubauten gedeckt werden. Die entstehende Wärme bleibt nicht ungenutzt: Sie wird zum Heizen der Räume verwendet.
Was im Sommer zu viel ist, wird für den Winter gespeichert: 200 Meter tief im Boden, unter der Wiese vor dem Reichstagsgebäude, befindet sich ein ganz natürliches Wärmedepot. Das Gestein ist hier so beschaffen, dass es die dorthin durch Rohre geleitete Wärme speichern kann. "Das funktioniert wie bei einem Schwamm", sagt Göggelmann. Auch Kälte wird so gespeichert und sorgt dann im Sommer zumindest äußerlich für kühle Köpfe im Bundestag.
Ein durchaus beispielhaftes Energiekonzept also - das finden auch Bündnis 90/ Die Grünen. Dennoch legte die Fraktion einen Antrag ( 16/7529) vor, der den Bundestag zum "Vorbild für die sparsame und klimafreundliche Stromversorgung" machen soll. "Der Bundestag verhält sich natürlich schon jetzt sehr vorbildlich", gibt einer die Initiatoren des Antrags, Hans-Josef Fell, zu.
Dennoch gebe es Defizite, die man beseitigen sollte, findet der Fraktionssprecher für Energie und Technik. So brenne etwa abends oder am Wochenende in vielen Fluren nutzlos Licht. Auch andere, leicht realisierbare Einsparpotenziale blieben bislang ungenutzt. Die Fraktion plädierte dafür, noch mehr Bewegungsmelder und Zeitschaltuhren zu installieren und in den Büros ausschaltbare Steckerleisten zum Standard zu machen, um elektronische Geräte ganz ausschalten zu können.
Wichtigste Forderung aber: Der Bundestag solle seinen zusätzlichen Strombedarf künftig von einem Ökostromanbieter beziehen und außerdem bei der Gasversorgung auf Biogas umsteigen. Alles im Sinne des Klimaschutzes. Doch im Ältestenrat, wo der Antrag Mitte April beraten wurde, gab es nicht allzu viel Zuspruch. Einzig der Vorschlag, künftig einen Ökostromanbieter als Stromlieferanten zu wählen, fand im Ältestenrat genügend Befürworter. "Vieles ist gar nicht so einfach umzusetzen, wie man denken könnte", meint auch Burkhard Göggelmann. So könne der Einsatz von ausschaltbaren Steckerleisten auch zu Problemen führen: "Man muss wirklich erst den Computer ausschalten, bevor man die Steckerleiste abschaltet", sagt Göggelmann, sonst sei mit Datenverlusten oder Geräteschäden zu rechnen.
Dass künftig Ökostrom für Licht im Parlament sorgen soll, wertet Hans-Josef Fell als Erfolg, doch richtig zufrieden ist der Abgeordnete nicht: "Es muss auch ein Anbieter sein, der wirklich Ökostrom liefert und nicht umetikettierten Atomstrom."
So schnell wollen sich die Bündisgrünen jedoch nicht von ihrer Idee abbringen lassen. "Wir überlegen, den Antrag erneut einzubringen", sagt Fell. Er sei "enttäuscht", dass der Bundestag eine Chance vertan habe, noch mehr für Umwelt und Klimaschutz zu tun.