INSOLVENZEN
Oft werden Handwerksbetriebe in den Ruin getrieben, weil fällige Rechnungen nicht bezahlt werden. Damit dieser Zustand aufhört, schlägt der Bundesrat Änderungen vor
Otto Kenzler wird deutlich: Es sei ein "Trauerspiel", dass der Bundestag zwar vor mehr als zwei Jahren den Gesetzentwurf des Bundesrates, der Unternehmen helfen soll, ihre Lohnforderungen zu sichern, in erster Lesung diskutiert hat. Danach sei aber nichts passiert. Der Entwurf der Länderkammer sei regelrecht "verschimmelt", schimpft der Präsident des Zentralverbandes des deutschen Handwerks (ZdH).
Der Rechtsausschuss hat sich des Themas, das vor allem Unternehmen aus der Baubranche betrifft, nun angenommen. Am 26. Mai fand dazu eine Expertenanhörung statt. Diese sollte, so Kenzler, endlich der Startschuss für eine schnelle parlamentarische Beratung und Verabschiedung des Gesetzes sein. Die Initiative könne in vielen Fällen helfen, die Probleme zu lösen. Kenzler weiter: "Die bessere Konjunktur nützt dem Betrieb nichts, der mit vollen Auftragsbüchern Insolvenz anmelden muss, nur weil er wegen hoher offener Rechnungen den nächsten Auftrag nicht vorfinanzieren kann."
Der ZdH-Präsident kritisierte die derzeitige Praxis: "Das heute geltende Werkvertragsrecht bietet Auftraggebern die Möglichkeit, trotz ordnungsgemäßer Auftragserledigung durch den Handwerker, Zahlungen hinauszuzögern - und das ganz legal." Das diene nicht dem Rechtsfrieden und schade der Wirtschaftskraft unseres Landes.
Der Gesetzentwurf des Bundesrates ( 16/511) will das ändern. Kern der Initiative ist es, den Unternehmer, der beispielsweise ein Haus gebaut hat, besser vor Forderungsausfällen zu schützen. Dazu sollen unter anderem die Vorschriften zu Abschlagszahlungen, die Fälligkeit der Vergütung und die Bauhandwerkerversicherung im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geändert werden.
In der Zivilprozessordnung ist ferner vorgesehen, eine vorläufige Zahlungsanordnung zu verankern. Deren Ziel soll es sein, dem Kläger in den Fällen vorläufigen Rechtsschutz zu verschaffen, in denen ihm bei hoher Erfolgsaussicht seiner Klage ein weiteres Abwarten nicht zugemutet werden kann.
Wolfgang Koeble, Rechtsanwalt aus Reutlingen, begrüßte die vorgesehenen Änderungen des BGB "vom Grundsatz her". Es sei aber im Fall der vorläufigen Zahlungsanordnung "rechtsstaatlich problematisch", ohne Entscheidungsreife eine derartige Bestimmung zu schaffen und die "hohe Aussicht auf Erfolg" ausreichen zu lassen. Wegen der Unsicherheiten in einem solchen Fall werde man die sofortige Beschwerde zulassen müssen, was dann wiederum zu Verzögerungen führe.
Dem stimmte Professorin Petra Kirberger, Fachanwältin für Baurecht, zu. Ihres Erachtens sei die vorhandene rechtliche Grundlage, Lohnforderungen durchzusetzen, grundsätzlich ausreichend. Es bedürfe keines zusätzlichen fragwürdigen Instruments einer vorläufigen Zahlungsanordnung.
Der SPD-Abgeordnete Peter Danckert reagierte auf diese seines Erachtens "erheblichen Bedenken" gegen die vorläufige Zahlungsanordnung mit der Forderung, die Koalitionsfraktionen müssten jetzt prüfen, ob dieses neue Recht geeignet sei oder ob eine Modifizierung der Voraussetzung für den Erlass von Teilurteilen praktikabler und rechtsdogmatisch vernünftiger ist. Aus Sicht der justizpolitischen Sprecherin der FDP-Fraktion, Mechthild Dyckmans, ist deutlich geworden, dass eine vorläufige Zahlungsanordnung "der falsche Weg" sei. Dieser würde in der Praxis zu erheblichen Verfahrensverzögerungen und zu deren Verteuerung führen. Auch Jerzy Montag von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen äußerte sich skeptisch. Insbesondere die einstweilige Zahlungsanordnung, sei "so gefährlich, wie praktisch nutzlos und rechtspolitisch fragwürdig". Das Fazit der Anhörung war für Andrea Voßhoff (CDU/CSU) klar. Es habe sich gezeigt, dass zur Sicherung von Bauhandwerkerforderungen nach wie vor gesetzgeberischer Handlungsbedarf bestehe. Das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen aus dem Jahr 2000 sei korrekturbedürftig. Dabei sollte das so genannte Forderungssicherungsgesetz aber nur ein Zwischenschritt zu einem eigenständigen Bauvertragsgesetz sein, so Voßhoff.
Professor Rolf Kniffka, Richter am Bundesgerichtshof und Präsident des Deutschen Baugerichtstags sah dies ebenso: Sowohl das Recht des Bau- und Archiktenvertrages als auch das Recht des Bauträgervertrages hätten keine geeignete Grundlage in den Regelungen des BGB. Das Recht bestünde weitgehend aus Richterrecht. Das sei der Bedeutung dieser Thematik nicht angemessen, so Kniffka.
Peter Danckert resümierte: Die Anhörung habe bei erfahrenen Praktikern, hochkarätigen Wissenschaftlern und Vertretern der oberen Bundesgerichte erwartungsgemäß ein unterschiedliches Echo gefunden. Im materiellen Recht seien von den Fachleuten "viele bestätigende Kommentare" gekommen. Die mittelstandspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, Sabine Zimmermann, machte deutlich, das Problem sei, dass kleinen Betrieben oftmals das Geld und die Zeit fehle, um vor Gericht zu gehen. Es liegt nun am Rechtsausschuss, wie das weitere Verfahren aussehen soll. Man darf gespannt sein, ob Handwerkspräsident Kenzler noch einmal Grund zur Klage sieht.
Stellungnahmen unter www.bundestag.de/ausschuesse/a06/anhoerungen/36_Forderungssicherungsgesetz/04_Stellungnahmen/index.html