Staatsfonds
Investitionsverbote für ausländische Anleger sind möglich. Ein Gesetz soll Klarheit schaffen
Im Regierungsviertel, wo Indiskretion zum Alltag gehört, bleibt selten etwas unter dem Deckel. Da fällt es auf, dass über Monate hinweg nichts publik wird von der Novelle des Außenwirtschaftsgesetzes, die ein Veto der Regierung gegen politisch sensible Investitionen ausländischer Staatsfonds und Staatsunternehmen aus Nicht-EU-Ländern ermöglichen soll. Nur ein erster Entwurf aus dem Wirtschaftsministerium war im Herbst durchgesickert. Die Geheimniskrämerei dürfte mit dem politischen Sprengstoff der geplanten Regelung zu tun haben.
Mit dieser Brisanz sah sich Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) konfrontiert, als er dieser Tage mit einer Bundestagsdelegation die Golfstaaten bereiste. Pünktlich zu dieser Visite kritisierte Scheich Badir al-Saad die avisierten Reglementierungen. Der Chef des mit einem Anlagevermögen von sagenhaften 250 Milliarden Dollar weltweit fünftgrößten Staatsfonds "Kuwait Investment Authority", der seit Jahrzehnten eine Minderheitsbeteiligung bei Daimler hält, erklärte, man fühle sich neuerdings unwillkommen.
Steinbrück hatte alle Hände voll zu tun, gegenüber den Gastgebern die Wogen zu glätten: Engagements in der Bundesrepublik seien willkommen, betonte er an die Adresse der Araber, "wir wären verrückt, falsche Signale an Investoren zu senden". Den Kuwaitis bescheinigte der Minister ein "exemplarisch gutes Verhalten". Berlin wolle sich nur wappnen für den Fall, dass eines Tages Staatsfonds in Deutschland politische Ziele verfolgen sollten. Der SPD-Parlamentarier Hans-Ulrich Krüger, der mit am Golf war, hofft, dass "manche Sorgen ausgeräumt werden konnten". Die Dollars der superreichen Araber sind durchaus begehrt: So retteten während der Finanzkrise vor allem deren Staatsfonds schwächelnde Großbanken wie Citigroup und UBS.
Seit der Visite im Morgenland wartet man im Bundestag mit Spannung auf den Gesetzentwurf der Regierung. Die Sache ist ohne Zweifel heikel: Die Exportnation Deutschland ist ihrerseits auf weltweit offene Märkte angewiesen. Debattiert wird über Beschränkungen für ausländische Staatsfonds und -unternehmen angesichts gigantischer Devisenreserven in einigen Nationen. Wegen der astronomischen Ölpreise schwimmen arabische Förderländer in Geld. Das ölreiche Norwegen verfügt über satte Finanzreserven, Russland profitiert von riesigen Energievorkommen. Auch China und Singapur zählen zur neuen Hochfinanz. All diese Gelder suchen nach Anlagemöglichkeiten. In Berlin fürchtet man nun, dass ausländische Regierungen über Investitionen in Bereichen wie Infrastruktur oder Energieversorgung politisch Einfluss nehmen könnten. Was offiziell ungern eingeräumt wird: Sorgenvolle Blicke richten sich besonders auf Russland und China. Einen Einstieg der russischen Staatsbahn bei der Deutschen Bahn lehnt der CDU-Abgeordnete Dirk Fischer schon mal ab.
Wesentlich befeuert hatte die Diskussion ein Vorstoß des hessischen CDU-Ministerpräsidenten Roland Koch: Bei einer Bedrohung von nationalen Interessen, von Sicherheit und Ordnung müsse die Regierung staatliche Investitionen aus dem Ausland untersagen können. Laut Koch soll ein Veto solche Geschäfte innerhalb von drei Jahren rückgängig machen können. Der erste Entwurf aus dem Wirtschaftsministerium sah bei Beteiligungen von mehr als 25 Prozent eine Prüffrist von nur wenigen Monaten vor.
Die Dauer dieses Zeitraums dürfte zu den Streitpunkten im Parlament gehören. Aber wird es überhaupt zu einer gesetzlichen Regelung kommen? Der SPD-Politiker Krüger, der angesichts der Geldmacht der Staatsfonds durchaus Handlungsbedarf sieht, setzt große Hoffnungen auf die Initiative der G-7-Länder, einen Kodex mit Leitlinien für das Engagements von Staatsfonds zu entwickeln: "Dann wird zu klären sein, ob wir noch ein Gesetz benötigen oder nicht." Als Vorbild nennt der Abgeordnete Norwegen, das sich freiwillig verpflichtet habe, seine Gelder gewinnbringend anzulegen, sich aber aus der Politik herauszuhalten.
Zweifel am Gelingen einer internationalen Übereinkunft hegt wegen russischer und chinesischer Widerstände Otto Fricke (FDP). Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses plädiert deshalb für eine gesetzliche Regelung bei ausländischen Firmenbeteiligungen über 25 Prozent. Investitionen dürften jedoch nicht untersagt werden, "erforderlich ist es vielmehr, optimale Transparenz zu schaffen": Es müsse klar werden, wer letztlich hinter einem solchen Einstieg stehe - ob bei staatlichen oder privaten Käufern. Sein Nein zu Verboten erläutert Fricke so: Wer ausländische Investoren vom Frankfurter Flughafen ausschließe, untergrabe die Chancen des Betreibers Fraport für Beteiligungen etwa an arabischen Airports.
Als "Heuchelei" kritisiert Herbert Schui das Gesetzesvorhaben. Der Abgeordnete der Linkspartei betont, man müsse in ausgewählten Bereichen wie etwa dem Verkehrswesen oder dem Pharmasektor den Einfluss auf die Politik nicht allein seitens ausländischer, sondern auch seitens deutscher Konzerne zurückdrängen. Der Regierung gehe es insofern im Kern nicht um das Allgemeinwohl, vielmehr sollten hiesige Unternehmen von ausländischem Einfluss freigehalten werden.