Türkei
Ilisu-Staudammprojekt stößt auf Kritik
Die Auflagen für den Bau des Ilisu-Staudamms in der Türkei sind aus Sicht der Bundesregierung nicht verhandelbar. Internationale Standards auf dem Gebiet der Umwelt, der Menschenrechte und des Denkmalschutzes müssten eingehalten werden, sagte eine Vertreterin des Bundesentwicklungsministeriums (BMZ) am 25. Juni im Menschenrechtsausschuss. Deutschland ist zusammen mit Österreich und der Schweiz mit Exportkreditbürgschaften an dem insgesamt rund 2 Milliarden Euro teuren Projekt mit 450 Millionen Euro beteiligt. Die Vereinbarung vom März 2007 ist an 153 Auflagen gebunden, darunter sozial verträgliche Umsiedlungen, moderne Kläranlagen und die Errichtung eines "Kulturparks" für die Monumente der 10.000 Jahre alten Felsenstadt Hasankeyf. Sollte die Türkei ihre Zusagen nicht erfüllen, hätte dies ernsthafte Konsequenzen bis hin zum Ausstieg Deutschlands aus dem Projekt, so das BMZ. Der Ausschuss verlangte Auskunft über den Stand der Verhandlungen, nachdem eine internationale Expertenkommission festgestellt hatte, dass die Türkei die Auflagen ignoriere.
Der Staudamm ist ein Prestigeprojekt der türkischen Regierung. Er soll rund drei Prozent des Energiebedarfs der Türkei decken. Erste Pläne für den Bau gab es bereits in den 1960er-Jahren. In den 1980er-Jahren ist auf dieser Grundlage das so genannte Südostanatolien-Projekt entstanden, das den Bau von insgesamt 22 Staudämmen und 19 Wasserkraftwerken umfasst. Das Programm hat eine starke politische Komponente: Die Projekte sollen wirtschaftlichen Schwung in die vorwiegend von Kurden besiedelte Region bringen. Dass der Ilisu-Staudamm aus Sicht der türkischen Regierung eine enorme politische und wirtschaftliche Bedeutung für die Region hat, bestätigte das Auswärtige Amt in der Ausschusssitzung. Ankara habe am 27. Mai ein Investitionsprogramm mit einem Volumen von 12 Milliarden US-Dollar angekündigt, darin seien auch die Ausgaben für das Ilisu-Projekt enthalten.
Die Tatsache, dass die Türkei sich über die Vereinbarungen bislang hinwegsetze, machte Union und SPD "nachdenklich". Alle Fraktionen erkundigten sich nach Fristen für die Einhaltung der Auflagen und dem möglichen Ausstieg Deutschlands aus dem Projekt bei Nichterfüllung. Die Türkei dürfe sich nicht "durchmogeln", so die FDP, die nach den Auswirkungen des bisherigen Verhaltens der Türkei auf den angestrebten EU-Beitritt fragte.