BUNDESVERFASSUNGSGERICHT
Grüne üben Kritik am »intransparenten Verfahren«
Künftige Bundesverfassungsrichter sollen nach Ansicht der Grünen vom Bundestag gewählt werden. Dies entspreche der Intention des Grundgesetzes. Die Fraktion hat dazu einen Gesetzentwurf ( 16/9628) und einen Antrag ( 16/9629) eingebracht. Am 27. Juni diskutierte das Parlament die Initiative und überwies sie an den Rechtsausschuss sowie an den Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung zur federführenden Beratung.
Die Grünen schlagen vor, dass zur Wahl eines Richters die Mehrheit von drei Viertel der abgegebenen Stimmen erforderlich sein soll. Bisher sind es zwei Drittel. Dies solle in der Geschäftsordnung des Parlaments geregelt werden. Der Rechtsausschuss solle verpflichtet werden, zuvor eine Anhörung des oder der Kandidaten zu Verfassungsfragen vorzunehmen.
Künftig sei auch eine "geschlechtergerechte Besetzung" zu gewährleisten. Nach Ansicht der Grünen sei "nur schwer erträglich", dass das Verfassungsgericht immer noch weit davon entfernt ist. Unter den acht Richtern des Ersten Senates sei nur eine Frau. Auch im Zweiten Senat gebe es nur zwei weibliche Mitglieder. Die Fraktion begründet ihre Initiative damit, das Verfahren zur Wahl der Bundesverfassungsrichter sei intransparent. Dies hätten gerade Vorgänge in jüngster Zeit gezeigt. Die Abgeordneten beziehen sich damit auf den Streit um den Würzburger Staatsrechtler Horst Dreier. Der von den Sozialdemokraten vorgeschlagene Kandidat, scheiterte schließlich am Widerstand der Union - wegen seine Haltung zu Folter und zum rechtlichen Status des Embryos. Es bestehe kein Verfahren, so die Grünen, das der Öffentlichkeit die Möglichkeit eröffne, sich auf Grund eigener Anschauung eine fundierte Auffassung zu den Kandidaten zu bilden. Zugleich stehe auch den Kandidaten kein Verfahren zur Verfügung, in dem sie etwaige Bedenken gegen ihre Kandidatur in einer "sachorientierten Befragung" ausräumen könnten.
Zur Intransparenz trage auch bei, dass die beiden großen Bundestagsfraktionen, CDU/CSU und SPD, die Benennung der Richter vielfach als ihre gemeinsame Domäne betrachteten. Eine Abstimmung mit den kleineren Parteien über den besten Kandidaten finde nicht statt.
Die 16 Richter des Bundesverfassungsgerichts werden bislang jeweils zur Hälfte vom Bundestag und vom Bundesrat gewählt. Die Wahl der vom Bundestag zu wählenden Richter übernimmt der Wahlausschuss, der zu Beginn jeder Wahlperiode eingesetzt wird.
Seine zwölf Mitglieder sind Abgeordnete der im Bundestag vertretenen Fraktionen und werden nach den Regeln der Verhältniswahl in den Wahlausschuss gewählt. Die CDU/CSU-Fraktion stellt in dieser Wahlperiode fünf Abgeordnete, die SPD-Fraktion vier, die Oppositionsfraktionen von FDP, Linken und die Grünen jeweils einen Abgeordneten.