JUBILÄUM
Der Ausschuss für Kultur und Medien besteht seit 10 Jahren. Ein Rück- und Ausblick
Es war am 18. November 1998 und es war im "Langen Eugen" in Bonn. Saal NH 2702 des Bundeshauses hatte es den Journalisten an diesem Tag besonders angetan. Denn hier nahm, zum ersten Mal seit knapp 30 Jahren, wieder ein Parlamentsgremium seine Arbeit auf, das sich zentral um die Kulturpolitik des Bundes kümmern sollte: der Ausschuss für Kultur und Medien. Die Liste der Aufgaben war lang, die Namen der Mitglieder illuster. Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer (Bündnis 90/Die Grünen) war genauso darunter wie der heutige Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), stellvertretende Mitglieder waren Helmut Kohl und Rita Süssmuth (beide CDU).
Fünf Tage zuvor, am 13. November 1998, war der Ausschuss für Kultur und Medien gegründet worden. Die Anfangszeit war vor allem für die neuen Abgeordneten nicht ganz einfach, erinnert sich Monika Griefahn (SPD), von 2000 bis 2005 Vorsitzende des Ausschusses. "Die Abgeordneten der vergangenen Wahlperiode hatten ja bis Dezember Zeit, ihre Büros zu räumen. Also war kein Platz für die neuen da und ich musste mir provisorisch ein Büro mit einem Kollegen teilen." Doch die Arbeit im Kulturausschuss lief von der ersten Sitzung anmit "Akribie und bürokratischer Genauigkeit", betont Elke Leonhard (SPD), die erste Vorsitzende des Gremiums. Eine "große Motivation" habe unter den Mitgliedern geherrscht, die Zusammenarbeit sei "außerordentlich gut" gewesen.
Schon in den ersten fünf Legislaturperioden, von 1949 bis 1969, gab es Ausschüsse für Kultur- und Medienpolitik. Danach wurden die Aufgaben auf andere Ausschüsse verteilt. Erst seit 1998 kümmert sich wieder ein eigenständiger Ausschuss des Bundestages um diesen Themenbereich - erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik zusammen mit einem Kulturstaatsminister im Kanzleramt.
"Für uns war die Wiedereinsetzung des Kulturausschusses genauso wichtig wie die des Kulturstaatsministers", meint Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, rückblickend. Endlich habe es wieder einen konkreten Ansprechpartner für die Kulturschaffenden gegeben. "Unter Bundeskanzler Kohl wurde Kulturpolitik zuletzt nur in der Regierung betrieben, das Parlament war mangels Ausschuss ausgebootet", urteilt Zimmermann.
Vor allem ein Projekt des Ausschusses hat die Öffentlichkeit in den ersten Monaten bewegt: das Denkmal für die ermordeten Juden Europas. "Das Thema wollte keiner mehr anfassen", erinnert sich Leonhard. Seit 1988 wurde über das Thema debattiert. Zehn Jahre später stand der Ort fest, Architekten hatten Vorschläge für die Gestaltung gemacht - doch der Plan des New Yorkers Peter Eisenman für ein Stelenfeld erhitzte die Gemüter. Kulturstaatsminister Michael Naumann (SPD) schlug vor, das Stelenfeld um einen "Ort der Information" zu ergänzen. Der Kulturausschuss widmete seine ersten beiden öffentlichen Sitzungen diesem Thema. Die zweite hatte eine besondere Note, es war die erste Sitzung eines Ausschusses im neu eröffneten Reichstagsgebäude überhaupt. Im Juni 1999 beschloss der Bundestag endgültig, Peter Eisenmans Entwurf, ergänzt um einen "Ort der Information", in der Nähe des Brandenburger Tores realisieren zu lassen.
Auch in der derzeitigen Legislaturperiode hat der Ausschuss an wichtigen Initiativen mitgearbeitet, etwa dem am 13. November verabschiedeten Filmförderungsgesetz. Dabei sei die Arbeit in der Regel "von Kollegialität geprägt und von dem Verständnis, dass die Gemeinsamkeiten stärker sind als die Unterschiede", lobt Wolfgang Börnsen, kulturpolitischer Sprecher der Unionsfraktion. Darin stimmt ihm Lukrezia Jochimsen (Die Linke) zu: "Die Zusammenarbeit ist sehr fruchtbar und kreativ, auch über andere Weltanschauungen hinweg." Der Ausschuss sei aber "kein Kuschelausschuss", betont Katrin Göring-Eckardt. "Zum Gedenkstättenentwurf der Bundesregierung zum Beispiel gab es eine heftige Debatte, bei der keineswegs das Motto ,Friede, Freude, Eierkuchen' galt", sagt die kulturpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen. Es seien die Projekte, die sich mit "Vergangenheitsbewältigung" befassten, die die kompliziertesten seien, meint Hans-Joachim Otto, derzeitiger Ausschussvorsitzender und langjähriger kulturpolitischer Sprecher der FDP (siehe Interview).
Dabei stehen auf den Tagesordnungen des Ausschusses weit mehr Themen, derzeit etwa die Frage, auf welche Weise Kino-, Fernseh- und Werbefilme für die Nachwelt möglichst umfangreich und in guter Qualität erhalten bleiben. Zudem beschäftigt sich der Unterausschuss für Neue Medien, eingesetzt im Jahr 2000, mit Fragen wie Online-Journalismus und gewaltlastigen Computerspielen.
Auch wenn die wichtigsten kulturpolitischen Ziele des Koalitionsvertrages zwischen Union und Sozialdemokraten von 2005 inzwischen auf den Weg gebracht oder ganz erledigt wurden, bleibt für 2009 noch genug zu tun. Zum einen, da sind sich viele Ausschussmitglieder einig, bleibt der Wunsch, Kultur als Staatsziel in das Grundgesetz aufzunehmen. Aber auch weniger spektakuläre Vorhaben wie die Novellierung des Bundesarchivgesetzes warten auf ihre Umsetzung.
In einem sind sich aber alle schon jetzt einig: In der kommenden Legislaturperiode soll es wieder einen Ausschuss für Kultur und Medien geben.