STADTSCHLOSS
Ein Italiener hat den Wettbewerb gewonnen. Abgeordnete stellen sich hinter das Konzept des Originalaufbaus
Ein Treppenhaus - mehr war Ende vergangener Woche nicht mehr zu sehen. Und auch diese spärlichen Reste des Palastes der Republik bearbeiteten die Baggerführer energisch mit ihren Geräten. Ein großer leerer Platz liegt jetzt gegenüber dem Berliner Dom und der Museumsinsel, dort, wo bis 1990 die Volkskammer der DDR tagte. Doch das soll nicht so bleiben. Der italienische Architekt Francesco Stella soll das Berliner Stadtschloss bis 2013 wieder aufbauen. Das gaben Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee (SPD) und der Vorsitzende der Jury, Professor Vittorio Magnago Lampugnani, am 28. November bekannt. Ende 2014 sollen die fertigen Räume begehbar sein.
"Der Entwurf führt die historische Tradition fort, enthält aber gleichzeitig eine frechere, spannendere, modernere Variante", begründete Lampugnani die einstimmige Entscheidung der Jury. Stella habe die Vorgaben der Jury, das Schloss mit drei historischen und einer modernen Fassade sowie der historischen Kuppel aufzubauen, eingehalten und "geht über das hinaus, was erwartet wurde", sagte Lampugnani. An der Ostseite solle eine Belvedere mit Loggien entstehen, "die zu einem öffentlichen Raum werden", hob Tiefensee den modernen Part des Baus hervor.
Mit dem Entscheid ist eine weitere Etappe auf dem Weg zum Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses erreicht. Die Geschichte zieht sich schon mehr als 15 Jahre hin. 1993, drei Jahre, nachdem der Palast der Republik aufgrund von Asbestverseuchung geschlossen wurde, beschlossen der Bund und das Land Berlin, einen Internationalen Städtebaulichen Ideenwettbewerb auszuloben. Im selben Jahr machte der Förderverein Berliner Stadtschloss mit der Nachbildung der Schlossfassade an einem Gerüst intensiv Werbung für den Wiederaufbau des Schlosses. 1996 wurde ein Konzept angenommen, das ein Konferenzzentrum mit Hotel, einer großen Bibliothek, einer Ausstellungsfläche sowie Läden und Geschäften vorsah - umgesetzt wurde es nie. 2000 wurde eine Expertenkommission gebildet. Die mit 17 Fachleuten sowie sechs Politikern von Bund und Land besetzte Kommission empfahl den Nachbau des Schlosses sowie die Nutzung als "Humboldt-Forum", einer Kombination aus Museum, Bibliothek und Veranstaltungsbereich. Diesem Votum folgten die Abgeordneten des Bundestages am 4. Juli 2002. Mit 384 von 586 Stimmen entschieden sie sich für einen Neubau, der dem alten Schloss zumindest äußerlich sehr ähneln soll ( 14/9660).
Vertreter der Koalitionsfraktionen und FDP stellten sich im Gespräch mit "Das Parlament" eindeutig hinter die Entscheidung von 2002. "Gerade weil das alte Stadtschloss in barbarischer Weise 1950 von der SED gesprengt wurde, sollte man es wieder aufbauen", hielt Hans-Joachim Otto (FDP) der Kritik von Jurymitgliedern entgegen, die eine unnötige Einschränkung der Bewerber beklagt hatten. Außerdem könne auf diese Weise das Ensemble der historischen Bauten vom Brandenburger Tor bis auf die Höhe des Berliner Doms am sinnvollsten ergänzt werden. "Die Bundesrepublik und Berlin brauchen eine kulturelle Mitte, die der historischen Bedeutung und der Stadt angemessen ist", meinte Wolfgang Börnsen (CDU). "Die Debatte ist vor sechs Jahren entschieden worden und einen Bundestagsbeschluss kann man nicht einfach so rückgängig machen", bedauerte hingegen Peter Hettlich (Bündnis 90/Die Grünen) hinter das Projekt. Deutliche Kritik übte Lukrezia Jochimsen (Die Linke). "Das ist Disneyland, was da gemacht wird", war sie sich sicher. Ihrer Meinung nach wäre es aus historischen Gründen sinnvoller gewesen, zumindest einen Teil des Palastes der Republik stehen zu lassen, "etwa den Raum, in dem die Volkskammer getagt hat". Auch der geplanten Nutzung als Museum und Veranstaltungsort stand sie kritisch gegenüber. "Im Grunde genommen weiß man nicht, was man damit machen soll", sagte Jochimsen. "Ich habe das Konzept schon 2002 für eine sehr kluge Idee gehalten", meinte dagegen Monika Griefahn (SPD). Auf diese Weise bildeten die staatlichen Museen auf der Museumsinsel mit dem "Humboldt-Forum" eine sinnvolle Einheit.
Bauminister Tiefensee betonte am 28. November, der Siegerentwurf lasse "die Einhaltung des Kostenrahmens zu". In den vergangenen Wochen war mehrfach angezweifelt worden, dass die Vorgaben des Bundestages realistisch seien. 552 Millionen Euro darf das Projekt laut Bundestagsbeschluss maximal kosten. Der Bund soll davon 440 Millionen Euro beisteuern. Die Abgeordneten zeigten sich jedoch unsicher, ob die Vorgaben tatsächlich eingehalten werden können. "Nicht alles ist kalkulierbar, das hat man ja auch beim Abriss des Palastes gesehen", sagte Griefahn. Allerdings seien sämtliche Museumsbauten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, deren Ethnologische und Asiatische Sammlungen in das Schloss umziehen sollen, bisher im geplanten Rahmen geblieben. Und das könne doch ein gutes Zeichen sein.