Von dramatischen Notlagen in Hartz IV- und Sozialhilfeempfänger-Haushalten hat die Osnabrücker Organisation "Kinder in Not"berichtet. Ihr Sprecher Robert Seidler sagte am 24. November in einer Anhörung des Finanzausschusses zum Familienleistungsgesetz ( 16/10809), er wisse von vielen Fällen, in denen sich Eltern vom Sozialamt Geld leihen müssten, um den Schulbedarf wie Füller, Bleistifte und Hefte kaufen zu können. Das Sozialamt behalte danach einen Teil der monatlichen Zahlungen als Tilgung des Kredits ein, so dass Geld für den Lebensunterhalt fehle. Seidler sagte, er wisse von einer Familie, in der sich drei Kinder ein Paar Turnschuhe teilen müssten. Der Verein "Kinder in Not" sammelt Spenden, um Zuschüsse zum Schulbedarf von Kindern aus armen Familien zu geben. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Kinder, die in Sozialhilfe-Haushalten oder Hartz IV-Haushalten leben, einmal pro Jahr eine Leistung für Schulmaterial von 100 Euro bekommen können.
Von mehreren Sachverständigen wurde in der Anhebung kritisiert, dass diese Leistung nur für Schüler bis zur 10. Klasse gewährt werden soll. "Aus bildungspolitischer Sicht halten wir dies für verfehlt", erklärte die Bundessteuerberaterkammer. Der Juristinnenbund verlangte, den Schulbedarf als echte Erhöhung des Bedarfssatzes auszugestalten und die geplanten Kontrollen der Leistungsberechtigten entfallen zu lassen.
Vertreter der Kirchen und Familienverbände kritisierten in der Anhörung die im Familienleistungsgesetz geplante Erhöhung des Kindergeldes als zu gering. Evangelische und katholische Kirche betonten in einer gemeinsamen Stellungnahme, die in dem Gesetzentwurf vorgeschlagene Erhöhung des Kindergeldes um etwa fünf Prozent bleibe weit hinter der von Fachverbänden für notwendig erachteten Anhebung zurück. Die Kirchen wiesen darauf hin, dass das Kindergeld und der Kinderfreibetrag für das sächliche Existenzminimum für Kinder seit dem Jahr 2002 nicht erhöht worden seien, obwohl die Preise seitdem stark angestiegen seien. In dem Gesetzentwurf ist eine Erhöhung des Kindergeldes ab 2009 für das erste und zweite Kind um zehn Euro auf 164 Euro monatlich vorgesehen. Das Kindergeld für das dritte Kind soll um 16 Euro auf 170 Euro angehoben werden. Für das vierte und jedes weitere Kind ist eine Erhöhung um 16 Euro auf dann 195 Euro geplant. Der Kinderfreibetrag soll zum 1. Januar nächsten Jahres von 3.648 um 192 auf 3.840 Euro erhöht werden. Insgesamt sollen somit die Freibeträge für jedes Kind von 5.808 auf 6.000 Euro erhöht werden. Der Familienbund Deutscher Katholiken wies darauf hin, die Erhöhung des Kindergeldes müsse statt vier bis fünf Prozent 18 Prozent betragen, um den Preisanstieg auszugleichen. Auch nach Ansicht des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes müssten die Sätze erheblich höher sein als heute. Der Bund der Steuerzahler kam zu dem Schluss, dass die Anhebung des Kinderfreibetrages unzureichend sei.
Der Verband alleinerziehender Mütter und Väter wies darauf hin, dass die Erhöhung bei vielen in Armut lebenden Kindern nicht ankomme, weil die Erhöhung auf den staatlichen Unterhaltsvorschuss angerechnet werde. Es werde in diesen Fällen mehr Kindergeld und im Gegenzug weniger aus den Sozialkassen gezahlt. Auch beim Unterhalt werde das Kindergeld zur Hälfte angerechnet, so dass bei den Kindern von Alleinerziehenden nur die Hälfte der Erhöhung ankomme.
Kritisch wurde von den Sachverständigen auch eine weiteren Fördermaßnahme beurteilt. Nach dem Entwurf sollen von Haushalten in Auftrag gegebene Dienstleistungen durch Abzug der Kosten von den Steuern gefördert werden. Vorgesehen ist, dass 20 Prozent der Aufwendungen von einer Gesamtsumme in Höhe von 20.000 Euro abgezogen werden können - bis zu einem Höchstbetrag von 4.000 Euro. Das Handwerk und der Bund der Steuerzahler verlangten eine Anhebung auf 25 Prozent. Gewerkschafts- und Juristinnenbund warnten dagegen davor, mit dieser Förderung einen Dumpinglohn-Bereich zu schaffen.