Der Autoaufkleber "CD" steht zwar nicht für "Crashtest Dummies", sondern für "Corps Diplomatique". Aber das diplomatische Korps in Berlin stellt Jahr für Jahr eine dermaßen katastrophale Straßenverkehrssünderstatistik auf, als wollte es jenen Puppen, die bei der Simulation von Verkehrsunfällen als Testobjekte dienen, Konkurrenz machen. Im Straßenverkehr lassen die Botschafter, Konsuln und Attachées jegliche diplomatische Zurückhaltung vermissen: 8.400 Strafzettel handelten sich die Fahrer der knapp 3.000 registrierten Botschaftsfahrzeuge im Jahr 2008 ein. 55-mal waren Botschaftsangehörige gar in Verkehrsunfälle verwickelt - fast jeder Zweite beging Fahrerflucht. So zeichnet das Autokennzeichen "0" gleich im doppelten Sinne die diplomatische Fahrzeugflottille aus: Null Rücksichtnahme auf der Straße und Null Angst vor Strafe. Denn die Gesandten können jedes Knöllchen getrost in den Papierkorb wandern lassen, ihre diplomatische Immunität schützt sie vor jeglicher Strafverfolgung.
In den USA ist man vor zwei Jahren dazu übergegangen, den Herkunftsländern der Verkehrssünder die Strafen ganz undiplomatisch von der Entwicklungshilfe abzuziehen. Denn gerade die Vertreter ärmerer Staaten fallen dort durch besonders gewagte Fahrmanöver auf. Dumm nur, dass sich dieses sogenannte "New Yorker Modell" nicht gefahrlos übertragen lässt. Auf Platz eins und zwei der Berliner Verkehrssünderstatistik rangieren Saudi-Arabien und Russland. Mal ehrlich, wer will es sich schon mit diesen Großlieferanten von Erdöl und Erdgas wegen ein paar läppischer Strafzettel verderben? Aber vielleicht könnte ja Deutschlands oberster Repräsentant, der Bundespräsident, sich der Verkehrserziehung annehmen: Mit der Verleihung des "Goldenen Knöllchens" auf seinem jährlichen Neujahrsempfang für die Botschafter. Ganz diplomatisch natürlich.