LIBANON
Pro-westliche Allianz gewinnt Parlamentswahl
Hupende Autokonvois, buntes Feuerwerk und natürlich auch die ratternden Schusssalven aus Kalaschnikows, die aus dem Libanon nicht wegzudenken sind. Bis spät in die Nacht feierten die Anhänger der Regierungskoalition in Beirut ihren Sieg bei den Parlamentswahlen am 7. Juni. Schließlich hatte man eine historische Wahl gewonnen, wie die pro-westliche Fraktion um den Sunniten Saad Hariri und andere Führer der Koalition im Vorfeld immer wieder betont hatten. "Es geht um die Verteidigung des Libanons vor äußeren Einflüssen, um eine Weichenstellung für oder gegen Demokratie", sagte Hariri.
Gemeint waren damit der Iran und Syrien, die das Oppositionsbündnis, angeführt von Hisbollah und Michel Aouns Freier Patriotischer Bewegung, instrumentalisierten und den Libanon unterwandern wollten. Dies scheint nun einmal abgewendet. Die Regierungskoalition gewann 71 der insgesamt 128 Sitze im Parlament. Die Opposition musste sich mit nur 57 Abgeordneten begnügen, da Michel Aoun in wichtigen christlichen Wahlbezirken nicht die Mehrheiten errang, die für einen Gesamtsieg nötig gewesen wären.
Ex-US-Präsident Jimmy Carter, der als Wahlbeobachter Vorort war, ist überzeugt, dass bei den Wahlen alles "fair" vor sich gegangen ist. "Der Wille des Volkes wurde erfüllt", sagte er. Das Wahlergebnis der diesjährigen Parlamentswahlen ist nahezu identisch mit dem von 2005. Damals hatte es eine Sitzverteilung von 72 zu 56 gegeben. Ein Grund zum Jubeln gibt es mit Blick auf diese Vergangenheit nicht. Die letzte Legislaturperiode hatte das Land in dieser Machtkonstellation von einer Krise in die andere gebracht und einige Male sogar an den Rand eines Bürgerkriegs.
Zuletzt war es im Mai 2008 zu heftigen Kämpfen zwischen Milizen der Regierung und der Opposition gekommen war. Nur ein Kabinett der "Nationalen Einheit", in dem die Opposition ein Vetorecht bekam, konnte den politischen Frieden wieder herstellen. Saad Hariri, der als aussichtsreichster Kandidat für das Amt des Premierministers gilt, kündigte bereits an, dass er ein neuerliches Vetorecht nicht zulassen will.
Ebenso soll eine Entwaffnung der Hisbollah neu diskutiert werden. Intentionen, die in den USA und Israel, die Hisbollah als Terrorgruppe betrachten, gern gehört werden. Im Libanon führt das jedoch zu gesellschaftlichen Spannungen. Mohammed Raad, Parlamentarier von Hisbollah, hat dies unmittelbar nach Bekanntwerden des Wahlergebnisses deutlich gemacht: "Die Legitimität unseres Waffenarsenals ist von den Gewinnern nicht zu hinterfragen", sagte er.
Sollte die neue Regierung tatsächlich erneut dieses Tabuthema aufgreifen, "ist eine ernsthafte politische Krise vorprogrammiert", erklärt Amal Saad-Ghorayeb, politische Analystin und Hisbollah-Spezialistin aus der Hauptstadt Beirut.
Ähnlich sieht es auch Ghassan Azzi, Professor für Politikwissenschaft an der Libanesischen Universität in Beirut: "Die Regierungskoalition kann Hisbollah nicht entwaffnen, selbst wenn sie alle Sitze im Parlament gewinnt."