Berlin: (hib/MPI) Die Krankenhäuser
sehen die fristgerechte Umsetzung der neuen Arbeitszeitregelung
für Ärzte zum 1. Januar 2007 massiv in Gefahr. Als einen
Grund führten die Krankenhausverbände in einer
öffentlichen Anhörung des Gesundheitsausschusses am
Mittwochnachmittag unter anderem Finanzierungsprobleme an. Sie
unterstützten deshalb genauso wie die Bundesärztekammer
und der Marburger Bund einen Antrag der FDP-Fraktion (
16/670), wonach die bis 2009 vorgesehenen
Mittel zur Verbesserung der Arbeitszeitbedingungen in
Krankenhäusern bereits in diesem Jahr abgerufen werden
können. Dabei handelt es sich um 300 Millionen Euro. Der
Interessenverband kommunaler Krankenhäuser unterstrich, dies
wäre zumindest "ein Tropfen auf den heißen Stein". Trotz
Nachfragen aus allen Fraktionen konnten die Verbände jedoch
nicht sagen, wie hoch der finanzielle Bedarf für die Umsetzung
der Arbeitszeitregelung insgesamt sei. Die jüngsten
Tarifabschlüsse würden die Kosten allerdings in die
Höhe treiben. Den höchsten Ansatz machte die Deutsche
Krankenhausgesellschaft (DKG): bis Ende dieses Jahres müssten
die Kliniken Kostensteigerungen von 1,5 Milliarden Euro hinnehmen.
Mit den bislang vorgesehenen jährlich 100 Millionen Euro von
2003 bis 2009 könne laut DKG "ein halber Arzt pro Krankenhaus"
finanziert werden. Die gesetzlich geforderte Verbesserung der
Arbeitszeitbedingungen der Klinikärzte sei damit nicht zu
bewerkstelligen. Gestützt sehen sich die
Krankenhausverbände durch das neue, bisher
unveröffentlichte "Krankenhaus Barometer". Darin kommt das
Deutsche Krankenhaus-Institut (DKI) zu dem Ergebnis, dass Mitte
2006 40,2 Prozent der Krankenhäuser neue Arbeitszeitmodelle
eingeführt haben. Im Vergleich zum Vorjahr sei dies nur eine
Steigerung um drei Prozentpunkte. Allerdings führten den
DKI-Angaben zufolge bisher lediglich 23 Prozent der
Krankenhäuser gesetzeskonforme Arbeitszeitmodelle in allen
Fachabteilungen ein. Bei weiteren 32 Prozent seien neuen
Arbeitszeitmodelle in Planung, 18,9 Prozent hätten noch keine
konkreten Planungen zur Umsetzung des Arbeitszeitgesetzes. Keine
Angaben machten 8,9 Prozent der Krankenhäuser. Laut
"Krankenhaus Barometer" ist die mangelnde Umsetzung neuer
Arbeitszeitmodelle auch auf die mangelnde Akzeptanz der betroffenen
Ärzte zurückzuführen. Zudem hätten viele
Kliniken Probleme, den Mehrbedarf an Ärzten zu decken. Gut 28
Prozent der Kliniken gaben in der DKI-Studie an, derzeit offene
Stellen nicht besetzen zu können. Zu ganz anderen
Schlussfolgerungen kamen der Verband der Angestellten-Krankenkassen
und der Arbeiter-Ersatzkassen-Verband. Es sei nicht
gewährleistet, dass die Gelder zur Verbesserung der
Arbeitszeitbedingungen eingesetzt würden, betonten die
Krankenkassen-Spitzenverbände. Nach ihren Erfahrungen
hätte nur ein Viertel der Kliniken die bislang vergebenen
Gelder zu Recht bekommen. Zur Überprüfung, ob die Gelder
bestimmungsgemäß verwendet werden, müssten die
Kliniken verpflichtet werden, wirksame Nachweise wie
Dienstpläne und Stellenschlüssel beizubringen.
Außerdem sei es notwendig, die Kontrollen zu erhöhen.
Dieser Forderung schloss sich auch die Dienstsleistungsgewerkschaft
ver.di an, die die Aufsichtsbehörden der Länder in der
Pflicht sieht. Ursprünglich sollte die Anpassung des
Arbeitszeitgesetzes gemäß der EU-Arbeitszeitrichtlinie
bereits zum 1. Januar 2004 erfolgen. Die wiederholt verschobene
Umsetzungsfrist endet nun zum 31. Dezember 2006.