Berlin: (hib/VOM) Die Bundesregierung will das Steuerrecht an die neuen Rechtsformen der Europäischen Gesellschaft (SE) und der Europäischen Genossenschaft (SCE) anpassen. Dazu hat sie einen Gesetzentwurf über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der SE und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften ( 16/2710) vorgelegt. Damit sollen Vorgaben der EU in deutsches Recht umgesetzt werden.
Ziel ist es laut Regierung, steuerliche Hemmnisse für die immer wichtiger werdende grenzüberschreitende Reorganisation von Unternehmen zu beseitigen und die Möglichkeiten der freien Wahl der Rechtsform zu verbessern. Die Regierung macht aber auch deutlich, dass dies nicht das deutsche Steueraufkommen gefährden darf. Daher sollen vor allem steuermindernde Gestaltungen verhindert werden, die angesichts des derzeitigen Stands der Harmonisierung der direkten Besteuerung in der EU nicht ausgeschlossen werden könnten. Künftig sollen europaweit die gleichen steuerlichen Grundsätze für inländische und für alle grenzüberschreitenden Umstrukturierungen von Unternehmen gelten.
Künftig sollen stille Reserven in allen Fällen aufgedeckt und besteuert werden, in denen ein Rechtsträgerwechsel (durch Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge) stattfindet, in denen Vermögen den Betrieb verlässt, die Steuerpflicht endet oder Wirtschaftsgüter dem deutschen Besteuerungszugriff entzogen werden. Bei aufgedeckten betrieblichen stillen Reserven soll es zu einer "Sofortversteuerung" kommen. Die für Fälle der Wegzugsbesteuerung vorgesehene Stundungsregelung soll nicht auf Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens angewendet werden. Die Sofortversteuerung entzieht nach Ansicht der Regierung zwar im Vergleich zur Stundungslösung Liquidität, doch gleiche sich dies über die Lebensdauer eines Wirtschaftsguts wieder aus.
Der Staat, in dem sich das Wirtschaftgut befindet, soll auch das Recht erhalten, den Wertzuwachs zu besteuern, der in der Zeit entstanden ist, als die "weggezogenen" Wirtschaftsgüter seiner Steuerhoheit unterlagen. Hinzu komme, dass bislang eine effektive grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei der Beitreibung von Steuerforderungen in der EU "nicht erreicht" sei, heißt es weiter. Werden Wirtschaftsgüter in eine ausländische Niederlassung gebracht, dann sei dies wie die Übertragung auf eine Tochtergesellschaft zu behandeln, so die Regierung weiter.
Der Entwurf enthält darüber hinaus Vorschriften über den Wertansatz von Wirtschaftsgütern, die nach Deutschland gebracht werden oder deutschem Besteuerungszugriff unterliegen. Da das Wirtschaftsgut unabhängig von der steuerlichen Behandlung im Ausland mit dem "gemeinen Wert" angesetzt werden soll, will die Regierung einen Anreiz schaffen, Wirtschaftsgüter nach Deutschland zu verlagern und hier produktiv einzusetzen. Weitere Änderungen betreffen das Umwandlungssteuerrecht, das auf grenzüberschreitende Vorgänge ausgedehnt werden soll. Hier will die Regierung die Besteuerung stiller Reserven der übertragenden Körperschaft sicherstellen.
Der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme unter anderem darum gebeten klarzustellen, dass sich der deutsche Steueranspruch auch auf immaterielle Wirtschaftsgüter wie Patente und den Geschäftswert bezieht. Er verweist darauf, dass der Gesetzentwurf nicht den letzten Beratungsstand zwischen dem Bundesfinanzministerium und den obersten Finanzbehörden der Länder wiedergibt. Der Entwurf berge "nicht unerhebliche Haushaltsrisiken" durch die Schaffung von Abschreibungsvolumina und durch reduzierte Gewinne aus der Einbringung von Betriebsvermögen in eine Gesellschaft. Gerade die vorgesehene Neukonzeption der Regelungen zur Einbringung im Umwandlungssteuergesetz sollte nach Meinung der Länderkammer erst später umgesetzt werden. Der "ausnahmslosen Sofortversteuerung" sämtlicher stiller Reserven stellt der Bundesrat eine "mildere, aber ebenso wirksame" Besteuerungsmethode gegenüber.
Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Verantwortlich: Uta Martensen
Redaktion: Dr. Bernard Bode, Dr. Susanne Kailitz, Michael Klein,
Dr. Volker Müller, Monika Pilath, Siegfried F. Wolf