Fall El-Masri: "Aufklärung nicht gebremst"
1. Untersuchungsausschuss - 28.09.2006
Berlin: (hib/KOS) Die
Aufklärungsarbeit des Auswärtigen Amts (AA) im Fall des
in Mazedonien unter angeblichem Terrorverdacht verhafteten und von
der CIA nach Afghanistan verschleppten Deutsch-Libanesen El-Masri
wurde von der Ministeriumsspitze nicht gebremst. Auch hätten
in dieser Angelegenheit weder das Innenministerium noch das
Kanzleramt im AA interveniert. Dies erklärten am Donnerstag
zum Auftakt einer öffentlichen Sitzung des
Untersuchungsausschusses die Zeugen Karl Flittner und Konrad
Haindl, zwei Mitarbeiter des Außenministeriums. Das
Parlamentsgremium prüft, ob deutsche Stellen und die
Bundesregierung frühzeitig über diese rechtswidrige
Entführung zwischen dem Jahreswechsel 2003/2004 und Mai 2004
unterrichtet und in diese Aktion involviert waren. Untersucht wird
auch, ob die nachträglichen Ermittlungen in diesem
spektakulären Fall möglicherweise nicht mit der gebotenen
Eile und Intensität geführt wurden. Am Nachmittag sollten
als Zeugen Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums und des
Bundesnachrichtendienstes (BND) vernommen werden. Nach Angaben
Flittners, bis Juli 2005 im AA Leiter des Referats Internationales
Strafrecht, wurde das Außenministerium erstmals im Juni 2004
durch ein Schreiben von El-Masris Anwalt über die zu diesem
Zeitpunkt bereits beendete Verschleppung des Deutsch-Libanesen
informiert: "Damit hat alles angefangen." Damals sei dieser Vorgang
noch als "etwas Abenteuerliches" erschienen. Man habe, so Flittner,
das Bundeskriminalamt (BKA) über dessen Verbindungsstelle im
AA über das Kidnapping El-Masris unterrichtet. Diese
Angelegenheit habe man "beim BKA in guten Händen" gesehen. Das
Außenministerium selbst sei keine Ermittlungsbehörde.
Der Zeuge verneinte die Frage, ob er seinerzeit etwas von der
eventuellen Information der deutschen Botschaft in Skopje über
die Verhaftung eines Deutschen erfahren habe. Dieses Jahr hatte ein
ehemaliger Telekom-Manager in Mazedonien mitgeteilt, schon im
Januar 2004 die Botschaft telefonisch auf die Festnahme eines
Deutschen ohne Wissen um den Namen El-Masri hingewiesen zu haben.
Auf entsprechende Fragen dementierte Flittner, dass deutsche
Botschaften etwa in Skopje oder in Washington angehalten worden
seien, ihrerseits bei der Aufklärung des Falls El-Masri
zurückhaltend zu agieren. Auf den E-Mail-Verkehr zwischen
Berlin und den Botschaften zu diesem Thema wurde jedoch in
öffentlicher Sitzung nicht näher eingegangen, da dies als
geheim eingestuft wurde. Haindl, zur Zeit der Entführung
El-Masris AA-Referatsleiter für den westlichen Balkan,
erklärte vor dem Ausschuss, über diese
Verschleppungsaktion erstmals Ende August 2004 unterrichtet worden
zu sein. Auch dieser Zeuge sagte, ihm sei damals nichts über
den Anruf des Telekom-Managers bei der Botschaft in Skopje bekannt
gewesen. Dass ein BND-Mitarbeiter in Mazedonien schon bald nach der
Verhaftung El-Masris in einer dortigen Behördenkantine von
dieser Aktion erfahren hatte, habe er ebenfalls erst später in
der Presse gelesen. Für eine politische Bewertung der
Entführung des Deutsch-Libanesen sei er, so Haindl, als
Balkanbeauftragter nicht zuständig gewesen, auch die Spitze
des AA habe keinen solchen Auftrag an ihn erteilt. Die konkrete
Aufklärungsarbeit in diesem Fall sei wiederum nicht Sache
seines damaligen Referats, sondern der polizeilichen Ermittler:
"Wir haben abgewartet, wie sich die Dinge entwickeln."
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