BÜNDNISORGANISATION
Eine Vielzahl von Stäben und Kommandos
Als im April 1949 Vertreter von zwölf Staaten Europas und Nordamerikas in Washington den Nordatlantikvertrag unterzeichnen, hatten sie ein klares, gemeinsames Ziel: Ein Bündnis zu schmieden, das jedem der Mitglieder Beistand leistet, wenn dieses von einem anderen Staat angegriffen wird. Artikel 5 des Nato-Vertrags verpflichtet die Mitglieder zur gegenseitigen Hilfe, ohne dass jedoch ein militärisches Eingreifen automatisch einsetzt. Dabei beruft sich der Vertrag auf die Satzung der Vereinten Nationen und das Recht auf Selbstverteidigung. Bei möglichen Aggressoren dachten die Gründungsmitglieder in erster Linie an die Sowjetunion, aber auch an Deutschland, dessen militärisches Wiedererstarken nach Ende des Zweiten Weltkriegs noch befürchtet worden war.
Heute sind die Ziele der mittlerweile 26 Nato-Mitglieder sehr viel vielfältiger als vor 60 Jahren. Die Nato, welche die Strukturen und Mechanismen für die Umsetzung des Washingtoner Paktes bereit stellt, hat einen tiefgreifenden Wandel durchgemacht.
Die Nato hat sich nicht nur geographisch ausgedehnt, sondern auch ihre Aufgaben auf Konfliktprävention und Krisenmanagement erweitert. Sie stärkte ihre Beziehungen zu internationalen Organisationen wie der EU oder den Vereinten Nationen. Zugleich ist die Anzahl der politischen und militärischen Ausschüsse auf eine nahezu unübersichtliche Anzahl angewachsen, so dass wiederum Ausschüsse damit beschäftigt sind, die Strukturen effizienter zu gestalten.
An der Spitze der zivilen Organisation steht der Nordatlantikrat (Nato-Rat) mit Sitz in Brüssel. Ihm sitzt der Generalsekretär vor, der gleichzeitig das Generalsekretariat mit dem Internationalen Stab leitet. Außerdem hat der Generalsekretär (seit 1.Januar 2004 der Niederländer Jaap de Hoop Scheffer) den Vorsitz des Verteidigungsplanungsausschusses und der Nuklearen Planungsgruppe inne. Der Rat tagt wöchentlich auf der Ebene der Nato-Botschafter, zweimal im Jahr auf Ebene der Außen- bzw. der Verteidigungsminister. Alle zwei bis drei Jahre finden Nato-Gipfeltreffen mit den Staats- und Regierungschefs statt. Sie müssen einstimmig entscheiden.
Das höchste militärische Organ ist der Nato-Militärausschuss, der im Anschluss an die Tagungen des Rates zusammentritt. Er untersteht dem Nato-Rat, dem Verteidigungsplanungsausschuss und der Nuklearen Planungsgruppe und berät diese. Der Militärausschuss besteht aus den Stabschefs aller an der militärischen Integration der Nato beteiligten Mitgliedsstaaten. Deutschland wird durch den Generalinspekteur repräsentiert. Der Militärausschuss erlässt Weisungen an die beiden strategischen Kommandos der Nato: Das "Supreme Headquarter Allied Powers Europe" (SHAPE) ist als "Allied Command Operations" für Einsätze verantwortlich. Ihm unterstehen die drei operativen Kommandos in Brunssum (Niederlande), Neapel (Italien) und Lissabon (Portugal). Das "Allied Command Transformation" (ACT) in Norfolk (Virginia/USA) ist für die Modernisierung der Nato zuständig.
Kirstin Wenk ist Journalistin in Berlin