ISLAND
Der Inselstaat kommt ohne Armee aus
Der kleine Inselstaat Island spielt eine Sonderrolle innerhalb der Nato. Die Nordländer unterhalten keine eigene Armee. Trotzdem gehören sie zu den zwölf Gründungsmitgliedern des westlichen Bündnisses.
Eigene Streitkräfte will sich das Land mit seinen rund 320.000 Einwohnern einfach nicht leisten. Doch auch ohne Soldaten war und ist die Bedeutung der Inselrepublik für die Nato unbestritten. Die größte Vulkaninsel der Welt grenzt an den Polarkreis und liegt strategisch so günstig, dass die übrigen Partner in den Zeiten des Kalten Krieges gern auf "Manpower" aus Island verzichteten, um im Gegenzug dort Militäranlagen errichten zu dürfen.
Auch Island profitiert von der Abmachung. "Island hat den Vorteil", so der isländische Botschafter in Berlin, Ólafur Davídsson, "dass wir auch ohne eigene Armee in die Sicherheits- und Verteidigungsbereitschaft der Nato integriert sind - mit allen Rechten und Pflichten, die das mit sich bringt."
Eine wichtige Rolle spielt der Flugplatz Kevlavik, das ehemalige Hauptquartier der US-Militäreinheit Iceland Defence Force (IDF). Die Geschichte der IDF begann bereits im Zweiten Weltkrieg. Island versuchte Neutralität zu wahren und lehnte Anfragen aus Deutschland und Großbritannien ab, sein Territorium nutzen zu dürfen, ab. So landeten im Mai 1940 britische Truppen ungefragt auf der Insel. Reykjavik stimmte nach kurzem Widerspruch einem Abkommen mit den Alliierten zu, wonach die USA bis Kriegsende das Recht erhielten, von Island aus militärisch zu operieren. Von isländischen Stützpunkten aus wurden die nordatlantischen Versorgungkonvois geschützt und die Jagd auf deutsche U-Boote koordiniert.
Nach Kriegsende handelten die USA einen bilateralen Vertrag mit der Regierung in Reykjavik aus, der ihnen die weitere Nutzung des Stützpunktes Keflavik sicherte. Von der Atlantikinsel aus konnten unter anderem die sowjetischen U-Boot- und Luftoperationen kontrolliert werden.
Nach der Wende in Europa sank die strategische Bedeutung der Vulkaninsel, und die US-Regierung kündigte den Vertrag. Am 30. September 2006 verließen die letzten US-Soldaten Keflavik. Die Nato garantiert Island aber weiterhin militärischen Schutz.
In den vergangenen Jahren übernahm Island eine zunehmend aktivere Rolle innerhalb des Bündnisses. 2008 stellte die isländische Regierung erstmals rund sechs Millionen Euro explizit für Verteidigungszwecke bereit. Die Regierung in Reykjavik sorgt dafür, dass Versorgungseinrichtungen für Nato-Flugzeuge stets einsatzbereit sind. Außerdem stehen etwa 300 Spezialisten für Krisenreaktionseinsätze im Rahmen der Nato bereit. Einige davon sind zur Zeit in Afghanistan eingesetzt.
Die Autorin ist freie Journalistin in Berlin.