MOLDAU
Bei den Parlamentswahlen steht die kommunistische Partei vor dem Verlust ihrer absoluten Mehrheit
Wenn die Prognosen zutreffen, wird bei den Parlamentswahlen in der Republik Moldau am 5. April ein und dieselbe Partei sowohl siegen als auch verlieren: Die größte Fraktion im Parlament werden zwar wahrscheinlich wie schon nach den Wahlen von 2001 und 2005 die moldauischen Kommunisten stellen, doch dürfte die bisher allein regierende Partei der Kommunisten Moldaus (PCRM) dazu gezwungen sein, zur Wahl eines Nachfolgers von Präsident Wladimir Woronin, der laut Verfassung nicht für eine dritte Amtszeit kandidieren darf, eine Koalition einzugehen.
Es gilt nämlich als unwahrscheinlich, dass die PCRM im neuen Parlament ohne Hilfe auskommen kann, da der Präsident Moldaus, der mächtigste Politiker im Staate, mindestens die Zustimmung einer Dreifünftelmehrheit der Abgeordneten benötigt. Auf dem Höhepunkt ihrer Popularität, nach dem Sieg bei den Parlamentswahlen im Jahr 2001, stellte die PCRM 71 der 101 Abgeordneten in Chisinau und war auf fremde Hilfe nicht angewiesen. Auch nach den Wahlen 2005 stellte sie die absolute Mehrheit.
Das wird den bisherigen Machthabern in dem kleinen Staat zwischen Rumänien und der Ukraine bei dieser Wahl aller Voraussicht nach nicht gelingen. Die Regierung bekommt bereits die Folgen der Wirtschaftskrise zu spüren, die sich auch durch geringere Verdienstmöglichkeiten für moldauische Gastarbeiter in Russland und in Westeuropa bemerkbar macht. Mit ihren Überweisungen in die Heimat hatten die moldauischen Arbeits-emigranten einen maßgeblichen Anteil am wirtschaftlichen Aufschwung, der in der ehemaligen Sowjetrepublik in den vergangenen Jahren zu spüren war. Besonders viele Moldauer hatte es nach Russland gezogen, doch seit dem wirtschaftlichen Einbruch in Moskau und anderen russischen Großstädten gibt es dort immer weniger Verdienstmöglichkeiten. "Die Züge fahren leer nach Moskau und kommen voll von dort zurück - die Gastarbeiter haben nichts mehr zu tun", so ein Diplomat in Chisinau. Niemand zweifelt daran, dass die Krise vor allem der regierenden Partei schaden wird. Viel wird davon abhängen, wie vielen Parteien der Sprung über die Sechsprozenthürde gelingt. Zugetraut wird das unter anderem der "Zentristischen Union" des ehemaligen Ministerpräsidenten Vasile Tarlev, der einst als "Bonbonchen" verspottet wurde, was nicht nur eine Anspielung auf seine frühere Tätigkeit als Direktor einer Süßwarenfabrik war, sondern auch auf seine Machtlosigkeit, da alle wichtigen Entscheidungen von Woronin getroffen wurden. Inzwischen ist es Tarlev jedoch mit einer russlandfreundlichen Rhetorik gelungen, ein erhebliches Wählerpotenzial hinter sich zu bringen. Mit ziemlicher Sicherheit wird zudem die Partei "Unser Moldau" des machtbewussten ehemaligen Bürgermeisters von Chisinau, Serafim Urechean, wieder in das Parlament einziehen.
Welche Konstellation sich daraus in der künftigen moldauischen Volksvertretung ergibt, ist allerdings nur Spekulation, zumal die Ungewissheit über den Wahlausgang durch den Streit um die Genauigkeit der Wählerregister vergrößert wird. Nur eines scheint wahrscheinlich: Die Zeit der kommunistischen Alleinherrschaft im moldauischen Parlament in Chinisau geht einem Ende entgegen.