EU-RATSPRÄSIDENTSCHAFT
EU-Kommission spricht Topolánek Vertrauen aus
Eigentlich stand am 25. März im Europaparlament in Straßburg ein Rückblick auf der Tagesordnung. Die Abgeordneten waren gekommen, um sich von Ratspräsident Mirek Topolánek die Ergebnisse des Frühjahrsgipfels erläutern zu lassen. Doch als er blass und angeschlagen vor ihnen stand, interessierte die Parlamentarier nur eines: Würde er die EU überhaupt noch führen können, nachdem ihm am Abend zuvor das tschechische Parlament das Misstrauen ausgesprochen hatte? Ein Ministerpräsident auf Abruf als Verhandlungsführer beim G20-Gipfel in London und beim EU/USA- Gipfel wenig später in Prag - würde das die europäische Position bei den Verhandlungen über die internationale Finanzkontrolle nicht deutlich schwächen?
Topolánek versuchte die Bedenken zu zerstreuen: "Nach wie vor gilt: Wir werden die europäischen Diskussionen moderieren und Kompromisse herbeiführen",versprach der Tscheche, dessen politsche Zukunft nach seinem Rücktritt am 26. März noch ungewiss ist. Das hatte sich am Vorabend in Prag noch ganz anders angehört. "Ich glaube das kann unsere Verhandlungsmacht untergraben", räumte er nach der Abstimmung gegenüber Reportern ein.
Dennoch sprach die EU-Kommission Topolánek ihr Vertrauen aus. "Die Kommission vertraut darauf, dass es das nationale Verfassungsrecht der Tschechischen Republik erlaubt, die Ratspräsidentschaft so effizient fortzusetzen, wie sie es bis jetzt getan hat." Der Führer der Liberalen, Graham Watson, mahnte hingegen: "Das Misstrauensvotum wird den Ratifizierungsprozess des Lissabon-Vertrages weiter verzögern." Die Tschechische Republik müsse ihre Pflichten als amtierende Präsidentschaft erfüllen und die Ratifizierung abschließen, forderte Watson. Es wächst aber die Sorge, dass der tschechische Senat wegen der innenpolitischen Krise die Abstimmung auf unbestimmte Zeit vertagen könnte. Da auch in Deutschland und Polen der Ratifizierungsprozess noch nicht abgeschlossen ist und in Irland ein zweites Referendum aussteht, schwinden die Chancen, dass der Lissabon-Vertrag noch zu retten ist.