INDONESIEN
Präsident Yudhoyono gewinnt Wahlen klar
Susilo Bambamg Yudhoyono könnte der Präsident mit den meisten direkten Wählerstimmen der Welt sein - ein Rekord, den bisher US-Präsident Barack Obama hält. Der indonesische Präsident hat sein Land im Sturm erobert - zum zweiten Mal. Bei der Präsidentschaftswahl am 8. Juli hat SBY, wie er von seinen Anhängern liebevoll genannt wird, offenbar so viele Stimmen gewonnen, daß sich ein zweiter Wahlgang im September erübrigt.
Noch sind zwar nicht alle Wahlscheine ausgezählt, noch werden die Wahlergebnisse von den entlegenen der mehr als 17.000 Inseln des Staates ausgewertet und das endgültige Ergebnis wird erst am 27. Juli verkündet. Doch die Tendenz steht fest: Yudhoyono hat über 60 Prozent und damit eine zweite Amtszeit in dem bevölkerungsreichsten muslimischen Land der Erde errungen. Das hat noch keiner geschafft, seit Diktator Suharto 1998 abtreten musste. Eine dritte Amtszeit verbietet die Verfassung. Diese schreibt vor, dass der neue Präsident beim ersten Wahlgang mehr als 50 Prozent der Wählerstimmen und mindestens zwanzig Prozent in der Hälfte der 33 Provinzen Indonesiens benötigt. Damit soll sichergestellt werden, dass er überall in dem riesigen Inselreich einen gewissen Rückhalt in der Bevölkerung hat. Diese Hürde hat Yudhoyono genommen. Indonesien ist nach Indien und den USA die drittgrößte Demokratie der Erde, doch seine demokratische Entwicklung ist noch jung. Erst zum zweiten Mal seit dem Sturz Suhartos vor elf Jahren waren die 176 Millionen Wähler dazu aufgerufen, ihren Präsidenten direkt zu wählen. Yudhoyonos Sieg war absehbar: Schon bei den Parlamentswahlen am 9. April hatte seine demokratische Partei ihre Stimmen verdreifacht.
Die Menschen glauben an den Ex-General mit dem Doktortitel in Agrarwirtschaft. Yudhoyonos Kampagnen-Slogan lautete "Lanjutkan", grob übersetzt bedeutet das "mehr von demselben". SBY will in der neuen Amtszeit seine alten Versprechen erfüllen: Er will mit der Korruption aufräumen, die Armut bekämpfen und das Wirtschaftswachstum absichern, denn die weltweite Rezession geht auch am Export-orientierten Südostasien nicht spurlos vorüber. In seiner ersten Amtszeit konnte Yudhoyono bereits beachtliche Erfolge verbuchen: Die Arbeitslosigkeit schrumpfte von 9,9 auf 8,5 Prozent. Die Armutsrate ging ebenfalls um mehr als 2,5 Prozentpunkte zurück. Das Pro-Kopf-Einkommen stieg von umgerechnet 1.200 Dollar auf 2.200 Dollar. All dies entsprach zwar nicht ganz den Zahlen, die der Präsident vor fünf Jahren angekündigt hatte, aber immerhin. Den Menschen ging es relativ gut unter SBY. Das Land gilt als eines der wenigen in der Region, dessen Wirtschaftswachstum auf Kurs geblieben ist - trotz Finanzkrise.
Doch damit sind nicht alle Probleme vom Tisch: Nur ein Viertel der angekündigten Maßnahmen zur Verbesserung des Investitionsklimas wurden umgesetzt. Weder die Infrastruktur noch das Rechtssystem wurden entscheidend verbessert. Das Militär ist unterbezahlt, das Gesundheitssystem ebenso unzureichend wie das Bildungssystem. Drastische Reformen sind nötig. SBY hat nun eine ausreichende Mehrheit im äußerst einflussreichen Repräsentantenhaus, dem Dewan Perwakilan Rakyat (DPR), und ein starkes Mandat, um die Herausforderungen anzugehen.
Die recht faden Kampagnen seiner Konkurrenten haben geholfen, Yudhoyono so weit nach vorn zu bringen. Der 59-Jährige gilt zwar als zögerlich, aber als der "sauberste" der Kandidaten. Das waren seine Vorgängerin Megawati Sukarnoputri von der Demokratischen Partei des Kampfes (PDI-P), Tochter des ersten indonesischen Diktators nach der Unabhängigkeit Sukarno, und Jusuf Kalla, Yudhoyonos früherer Vize von Indonesiens alt-ehrwürdiger Golkar-Partei. Megawati errang laut Wahlkommission rund 28, Kalla sogar nur um die zehn Prozent der Stimmen. Beide Kandidaten wirkten für die Wähler, so meinen Experten, wie Relikte aus vergangenen, autoritären Zeiten. Beide hatten sich zudem ehemalige Suharto-Generäle mit zweifelhaftem Ruf als Stellvertreter ausgeguckt.
Auch wenn Megawati nach ihrer Niederlage die angebliche "Pseudo-Demokratie" bemängelte, galt die Wahl unter Beobachtern als fair und frei. Indonesienkennern zufolge ist es allerdings ein Zeichen mangelnder demokratischer Reife, dass es im Wahlkampf kaum Kontroversen gab und dass die Medien mit dem Präsidenten nicht härter ins Gericht gegangen sind. Das Land hat den Experten zufolge noch nicht das Stadium der "friedlichen Uneinigkeit" erreicht - ein Zeichen für wahren Pluralismus.
Doch der Inselstaat hat seine düstere Vergangenheit abgeschüttelt und macht sich gut im Vergleich zu seinen Nachbarn. Noch vor zehn Jahren galt Indonesien als der "kranke Mann Asiens". Nachrichten über islamistische Terroranschläge, brutale Militärfeldzüge in abtrünnigen Provinzen und Gewalt zwischen Christen und Moslems dominierten die Schlagzeilen. Bei diesen Wahlen hat Religion kaum eine Rolle gespielt. Die islamischen Parteien haben bereits bei der Parlamentswahl im April so schlecht abgeschnitten, dass sie sich noch immer die Wunden lecken.