16. WAHLPERIODE
Von A wie Abgeltung- bis U wie Unternehmensteuer - die wichtigsten Projekte der Legislatur
Der Bundestag hat in der 16. Wahlperiode bisher mehr als 600 Gesetze verabschiedet. Im Durschnitt sind das gut 150 Gesetze pro Jahr. Rund 500 davon waren Vorlagen der Bundesregierung. Aus den Reihen des Bundestages stammten gut 80. Hier die wichtigsten Projekte der Legislaturperiode in alphabetischer Reihenfolge:
Zum 1. Januar 2009 trat eine völlig neue Besteuerung von Zinsen in Kraft. Jetzt gilt auf Kapitalerträge ein Abgeltungsteuersatz von 25 Prozent zuzüglich Solidaritätszuschlag von 5,5 Prozent der Abgeltungsteuer. Hinzu kommt auch noch gegebenenfalls die Kirchensteuer. Je nach Höhe der Kirchensteuer kann die Belastung von Kapitalerträgen bis zu 27,995 Prozent betragen. Die Bank, die die Zinsen auszahlt, muss jetzt die Steuer gleich einbehalten und an das Finanzamt abführen. Kapitalerträge, von denen Abgeltungsteuer erhoben wurde, müssen bei der Einkommensteuererklärung nicht mehr angegeben werden.
Im Zuge der Wirtschaftskrise wurde die Abwrackprämie eingeführt. Danach erhalten Pkw-Besitzer, die ihr mindestens neun Jahre altes Auto verschrotten, für die Anschaffung eines neuen Fahrzeugs eine Umweltprämie von 2.500 Euro.
Vom Bundestag beschlossene und verlängerte Auslandseinsätze brachten die Bundeswehr auf drei verschiedene Kontinente und in den Pazifischen Ozean. Als Teil der Nato-geführten internationalen Schutztruppe in Afghanistan (Isaf) arbeitet die Bundeswehr seit 2007 mit Tornado-Flugzeugen an der Luftaufklärung mit und im Herbst 2008 wurden die deutschen Isaf-Truppen auf 4.500 Personen aufgestockt. Mit Beschluss vom 2. Juli 2009 nehmen bis Jahresende bis zu 300 Soldaten an Flügen in Awacs-Maschinen zur Sicherung des Luftverkehrs teil.
Am Horn von Afrika unter vor Somila patrouilliert die deutsche Marine als Teil der Operation "Enduring Freedom", um Terroristen Transport- und Rückzugswege auf See abzuschneiden. Im Mittelmeer nennt sich die Aktion "Active Endeavour". Vor der Küste des Libanon überwachen deutsche Seestreitkräfte den Handels- und Seeverkehr seit Herbst 2006 als Teilnehmer an der "Unifil"-Mission.
Zwischen der Küste Somalias und den Seychellen ist die deutsche Marine gegen Piraten im Einsatz. Die EU-Operation "Atalanta" im Auftrag der Vereinten Nationen läuft seit Dezember 2008. Auf dem afrikanischen Kontinent nimmt die Bundeswehr bis mindestens Dezember 2010 an UN-Missionen in der Region Darfur im Sudan teil. Auf dem Balkan dauert der Bundeswehreinsatz im Kosovo weiter an. Zudem sind etwa 2.500 deutsche Soldaten weiterhin als Teil einer Stabilisierungstruppe in Bosnien-Herzegowina (Eufor) im Einsatz.
Um die Liquiditätsversorgung der Wirtschaft in Zeiten der Krise zu verbessern, verabschiedete der Bundestag am 3. Juli 2009 ein Gesetz zur Fortentwicklung der Finanzmarktstabilisierung (siehe Finanzmarktstabilisierung), das zu einer millionenschweren Entlastung von Kreditinstituten dienen soll. Diese dürfen ihre Finanzen jetzt kurzfristig bereinigen, indem sie Risikopapiere mit einem Abschlag vom Buchwert an Zweckgesellschaften (Bad Banks) auslagern. Der Abschlag beträgt zehn Prozent des Wertes, mit dem die Papiere in den Bilanzen erfasst waren. Auch Landesbanken sollen von der Regel Gebrauch machen können.
Das 2008 beschlossene BKA-Gesetz überträgt dem Bundeskriminalamt Kompetenzen zur Terrorabwehr und ermöglicht die Videoüberwachung von Wohnungen sowie die Online-Durchsuchung privater Computer. Bei der akustischen und optischen Wohnraumüberwachung dürfen BKA-Ermittler in Kauf nehmen, dass Unschuldige ebenfalls ausgespäht werden. Ferner erhielt das BKA die Möglichkeit der Ausschreibung zur Rasterfahndung sowie Befugnisse zur Überwachung der Telekommunikation, zur Erhebung von Verkehrs- und Nutzungsdaten sowie zum Einsatz technischer Mittel zur Identifizierung und Lokalisierung von Handys.
Zum Bürgerentlastungsgesetz gehört unter anderem, dass Beiträge zur Krankenversicherung ab 2010 komplett als Sonderausgaben steuerlich geltend gemacht werden können. Diese Steuervergünstigung mit einem Volumen von knapp zehn Milliarden Euro erfolgt aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts.
Die Umweltgesetzgebung stand in der 16. Wahlperiode unter dem Zeichen des sich drastisch verschärfenden Klimawandels. Mit den Beschlüssen von Meseberg im August 2007 beschloss die Regierung ein integriertes Energie- und Klimaprogramm, das im Laufe der 16. Legislaturperiode umgesetzt wurde. Das Gesetzespaket besteht aus 14 Gesetzen und Verordnungen und sieben weiteren Maßnahmen, die im Mai 2008 formal beschlossen wurden. Damit soll in Deutschland das Ziel erreicht werden, bis zum Jahr 2020 den Ausstoß von Treibhausgasemissionen gegenüber dem Jahr 1990 um 40 Prozent zu reduzieren.
Seit 1. Januar 2007 gibt es das Elterngeld als eine Familienleistung für alle Eltern, die sich in den ersten 14 Lebensmonaten ihres Kindes vorrangig selbst um dessen Betreuung kümmern möchten und deshalb nicht voll erwerbstätig sind. Das Elterngeld ersetzt 67 Prozent, maximal 1.800 Euro des durchschnittlichen Einkommens. Nicht erwerbstätige Elternteile erhalten mindestens 300 Euro.
Nach langem Streit innerhalb der Großen Koalition trat zum 1. Januar 2009 eine Reform der Erbschaftsteuer in Kraft, die nach Angaben der Bundesregierung sicherstellt, dass 90 Prozent der Betriebe mit der Erbschaftsteuer nichts mehr zu tun haben werden. Für ererbte Betriebe wird demnach keine Erbschaftsteuer fällig, wenn sie vom Erben weitergeführt werden. Im privaten Bereich soll durch die Reform sichergestellt werden, dass private Häuser erbschaftsteuerfrei vererbt werden können. Voraussetzung ist, dass das Haus an den Ehegatten oder Lebenspartner vererbt wird und der Erbe noch mindestens zehn Jahre darin wohnt.
Europa nimmt bei der Arbeit des Bundestages einen immer größeren Platz ein: Dem Bundestag wurden seit Beginn der 16. Legislaturperiode bis zum 1. Juli 2009 insgesamt 2.935 Dokumente des Europäischen Rates und 717 Entschließungen des Europäischen Parlaments zugeleitet. Dazu führte der Bundestag allein im Plenum an 43 Sitzungstagen mehr als 55 europapolitische Debatten.
Zwei wichtige Ereignisse prägten die Europapolitik: die deutsche EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2007 und die Bemühungen um die Verabschiedung des Vertrages von Lissabon.
Als Konsequenz aus der Krise wurde eine Stärkung der Finanzmarktaufsicht beschlossen. So kann die Aufsichtsbehörde jetzt besser bei Kreditinstituten und Versicherungen tätig werden. Mit dem Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz sollen Steuerpflichtige, die Geschäfte in sogenannten Steueroasen machen, zu einer stärkeren Zusammenarbeit mit den Steuerbehörden verpflichtet werden.
Um die deutschen Banken vor dem Kollaps zu retten, spannte die Bundesregierung einen Rettungsschirm. 480 Milliarden an Bürgschaften, Garantien und Krediten stehen für die Institute zur Verfügung. Darüber hinaus gib es für die Unternehmen Kredite und Gewährleistungen in einem Gesamtumfang von 115 Milliarden Euro. Mit dem Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetz wurde die Möglichkeit geschaffen, in finanzieller Schieflage befindliche Banken als "ultima ratio" zu verstaatlichen. Das in erster Linie für die "Hypo Real Estate" (HRE) gedachte Gesetz kommt wahrscheinlich nicht zur praktischen Anwendung, da der Bund auch ohne Verstaatlichung genügend Einfluss bei der HRE erwerben konnte.
Unter Rot-Grün noch gescheitert, wurde die Föderalismusreform I zur Neuordnung der Bund-Länder-Kompetenzen Mitte 2006 verabschiedet. Ziel der Reform war eine drastische Reduzierung der Zahl der Bundesgesetze, die der Zustimmung des Bundesrates bedürfen. Im Gegenzug wurde eine Reihe von Zuständigkeiten auf die Länder verlagert, beispielsweise das Besoldungs- und Versorgungsrecht für Landesbeamte oder die Kompetenzen für den Strafvollzug. In die Zuständigkeit des Bundes fiel dagegen etwa die Abwehr von Terrorgefahren durch das Bundeskriminalamt (BKA) bei einer länderübergreifenden Bedrohung.
Kern der 2009 beschlossenen Föderalismusreform II ist die im Grundgesetz verankerte "Schuldenbremse". Nach ihrem Inkrafttreten ist den Ländern keine strukturelle Verschuldung mehr möglich, während dem Bund ein strukturelles Defizit von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zugestanden wird. Für den Bund sollen die neuen Regeln ab 2016 gelten und für die Länder ab 2020. Fünf ärmere Länder erhalten zudem von 2011 bis 2019 Hilfen in Höhe von insgesamt 800 Millionen Euro pro Jahr zum Altschuldenabbau.
Mit der 2007 verabschiedeten Gesundheitsreform sind erstmals alle Bürger zum Abschluss einer Krankenversicherung verpflichtet. Durch die Reform soll zudem der Wettbewerb zwischen den gesetzlichen Krankenkassen gestärkt werden. Mit der Einführung des Gesundheitsfonds Anfang 2009 gilt in der Gesetzlichen Krankenversicherung ein einheitlicher Beitragssatz, der zum 1. Juli dieses Jahres von 15,5 auf 14,9 Prozent abgesenkt wurde.
Die KFZ-Steuer wird vom 1. Juli an für Neuwagen auf den Schadstoffausstoß ausgerichtet. Entscheidend ist die Menge des ausgestoßenen Kohlendioxids. Schon im Rahmen des ersten Konjunkturpakets wurde für zwischen dem 5. November 2008 und 30. Juni 2009 gekaufte Neuwagen ein Jahr lang keine Kfz-Steuer erhoben.
Unter anderem sieht das Konjunkturpaket die Wiedereinführung der degressiven Abschreibung für den Zeitraum von zwei Jahren vor. Handwerkerrechnungen für Privatleute werden bei der Einkommensteuer besser absetzbar. Der steuerliche Grundfreibetrag ist bereits zum 1. Januar 2009 um 170 auf 7.834 Euro angehoben worden. Ab 2010 wird der Grundfreibetrag erneut um 117 Euro erhöht. Der Eingangsteuersatz wurde bereits auf 14 Prozent zurückgenommen. Kindergeldbezieher erhalten einen einmaligen Kinderbonus von 100 Euro pro Kind.
Zum 1. Januar 2007 trat die Erhöhung der Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent in Kraft. Die Versicherungsteuer wurde ebenfalls von 16 auf 19 Prozent erhöht. Unverändert bleib der reduzierte Satz der Mehrwertsteuer von sieben Prozent.
Es gibt in Deutschland keinen flächendeckenden gesetzlichen, sondern nur branchenbezogene Mindestlöhne. Ende Januar 2009 beschloss die Koalition die Neufassung des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (AEntG) und des Mindestarbeitsbedingungsgesetz (MiArbG). Das AEntG umfasst neun Branchen, unter anderem das Baugewerbe, die Pflegebranche und die Abfallwirtschaft. Es legt keine bestimmte Lohnuntergrenze fest, sondern bestimmt, dass Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt werden können, sobald die Tarifpartner einer Branche gemeinsam einen Antrag dafür stellen. Über diesen entscheidet ein Tarifausschuss. Das MiArbG schafft die Möglichkeit, auch für Branchen mit einer geringen Tarifbindung oder ohne tarifliche Regelungen Mindestentgelte festzulegen.
Ein nach Beschlüssen der Föderalismuskommission geplantes einheitliches Bundesumweltgesetzbuch (UGB) konnte nicht wie geplant umgesetzt werden. Die wichtigsten Bestimmungen wurden in vier Einzelgesetzen zum Naturschutz und zur Landschaftspflege sowie zum Wasserrecht und zum Schutz nichtionisierender Strahlung und in einem Rechtsbereinigungsgesetz verabschiedet.
Nach jahrelangem Ringen verabschiedete das Parlament im Juni 2009 ein Patientenverfügungsgesetz. In Zukunft gilt: Der Wille des Betroffenen muss in jedem Fall beachtet werden - unhängig von Art und Schwere der Erkrankung. Der behandelnde Arzt prüft, welche Maßnahmen zu treffen sind. Er und ein Betreuer des Kranken erörtern diese dann. Der Patientenwille muss in schriftlicher Form vorliegen.
Rückwirkend seit 2007 können Pendler ihre Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte wieder komplett in der Steuererklärung als Werbungskosten ansetzen. Die von der Regierung vorgesehene Sparmaßnahme wurde vom Bundesverfassungsgericht verworfen. Per Gesetz legte der Bundestag fest, dass Autofahrer wieder wie früher ab dem ersten und nicht erst ab dem 21. Kilometer 30 Cent pro Entfernungskilometer ansetzen können.
Große Erwartungen setzt die Finanzbranche in das Gesetz zur Fortentwicklung des Pfandbriefrechts, mit dem das Pfandbriefrecht modernisiert und als neue Finanzierungsform Flugzeugpfandbriefe eingeführt werden.
Mitte 2008 ist die Pflegereform in Kraft getreten. Kernpunkte sind eine Anhebung der Beitragssätze um 0,25 Prozent, höhere Pflegesätze, mehr Geld für Demenzkranke, schärfere Kontrollen von Pflegeeinrichtungen sowie die Einrichtung von Pflegestützpunkten, für die die Länder zuständig sind.
In Fällen schwerster Verbrechen wie Mord oder Vergewaltigung können seit Juli 2008 auch jugendliche Täter, wenn sie zu mindestens sieben Jahren Jugendstrafe verurteilt sind, auch nachträglich in sogenannte Sicherungsverwahrung genommen werden. Dies gilt, wenn unter anderem die Gefahr groß ist, dass der Täter auch künftig wieder straffällig wird.
Die Wirtschaftskrise führt dazu, dass die Bundesregierung eine unbegrenzte Garantie für Spareinlagen abgegeben hat. Der Bundestag hat inzwischen eine Mindestgarantie von 50.000 Euro beschlossen.
Seit April 2007 kann Opfern von Stalking (fortgesetztes Verfolgen, Belästigen oder Terrorisieren eines Mitmenschen) besser geholfen werden. Dazu wurde der Abschnitt "Nachstellen" in das Strafgesetzbuch aufgenommen. Danach können Stalker mit Freiheitsentzug bis zu drei Jahren bestraft werden.
Am 11. April 2008 entschied der Bundestag, dass in Deutschland nur an Stammzellen geforscht werden darf, die vor dem Stichtag am 1. Mai 2007 gewonnen wurden und aus dem Ausland stammen. Das bisher geltende Stammzellgesetz war 2002 verabschiedet worden und sah als Stichtag den 1. Januar 2002 vor.
Der Bundestag verabschiedete 2007 ein neues Unterhaltsrecht. Danach wird dem Unterhaltsanspruch von minderjährigen Kindern Vorrang vor allen anderen Unterhaltsansprüchen eingeräumt. Gleichzeitig wird die Eigenverantwortung geschiedener Ehegatten gestärkt. Wenn nicht genügend Geld da ist, kann der Ex-Ehepartner unter Umständen gezwungen werden, wieder eine Arbeit aufzunehmen.
Seit Jahresbeginn 2008 gilt eine neue Unternehmensbesteuerung. Die Unternehmen werden unter anderem durch die Senkung des Körperschaftsteuersatzes von 25 auf 15 Prozent um brutto 30 Milliarden Euro entlastet. Zugleich müssen sie auf steuerliche Vergünstigungen im Umfang von 25 Milliarden Euro verzichten, so dass die Nettoentlastung dennoch nur fünf Milliarden Euro beträgt.