Die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Mitgliedstaaten wollen die Europäische Union bis Mitte 2009 auf eine neue vertragliche Grundlage stellen. Das geht aus der Berliner Erklärung hervor, die am 25. März bei einem Festakt im Schlüterhof in der deutschen Hauptstadt unterzeichnet wurde. In dem Papier, das anlässlich des 50. Jahrestages der Römischen Verträge veröffentlicht wurde, äußert die Europäische Union den Willen, "bis zu den Wahlen zum Europäischen Parlament 2009 auf eine erneuerte gemeinsame Grundlage zu stellen".
Im ersten Teil der Erklärung werden rückblickend die Erfolge der Union gewürdigt. "Die Europäische Union hat uns Frieden und Wohlstand ermöglicht. Sie hat Gemeisamkeit gestiftet und Gegensätze überwunden", heißt es darin. Auch die Wiedervereinigung Europas wird darin erwähnt: "Der Freiheitsliebe der Menschen in Mittel- und Osteuropa verdanken wir, dass heute Europas unnatürliche Teilung endgültig überwunden ist." Und weiter heißt es: "Wir Bürgerinnen und Bürger sind zu unserem Glück vereint."
Die Erklärung nennt eine Reihe von Werten wie die Würde des Menschen, die Gleichberechtigung von Mann und Frau, Frieden und Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, die für die EU prägend seien. Zudem strebe die Union nach "gegenseitigem Respekt und Verantwortung, nach Toleranz und Teilhabe, Gerechtigkeit und Solidarität". Zudem wahre die Europäische Union auch die Eigenständigkeit und die vielfältigen Traditionen. Ein Hinweis auf die christlich-jüdischen Traditionen fehlt in der gemeinsamen Erklärung. Stattdessen heißt es in dem Text: "Die offenen Grenzen und die lebendige Vielfalt der Sprachen, Kulturen und Regionen bereichern uns."
Im zweiten Teil der Berliner Erklärung formulieren die Staats- und Regierungschefs die kommenden Herausforderungen an die Gemeinschaft. Diese würden nicht vor nationalen Grenzen Halt machen. "Dieses Europäische Modell vereint wirtschaftlichen Erfolg und soziale Verantwortung." Besondere Erwähnung finden dabei der Euro und der gemeinsame Markt. Damit könne auf die weltweite Verflechtung der Wirtschaft und den immer stärker wachsenden Wettbewerb nach den Wertvorstellungen der EU reagiert werden. Europas Reichtum, heißt es weiter, "liegt im Wissen und Können seiner Menschen". Auch internationale Herausforderungen wie der Klimawandel, der Kampf gegen den Terrorismus und die Bekämpfung der Armut werden erwähnt. Die Begriffe "Erweiterung" und "Verfassung" tauchen in dem Text explizit nicht auf. Nach den gescheiterten Volksabstimmungen in Frankreich und in den Niederlanden 2005 ist der Verfassungsprozess ins Stocken geraten. Die Berliner Erklärung gilt als eine wichtige Weichenstellung für die Wiederankurbelung des Verfassungsprozesses. Bereits auf dem EU-Gipfel im Juni soll ein Fahrplan für einen neuen EU-Vertrag beschlossen werden, der die Union in wichtigen Politikbereichen reformieren soll.