Rainer Brüderle, FDP
Das Wunder der Sozialen Marktwirtschaft begann, als Ludwig Erhard zur vielleicht kapitalistischsten Maßnahme griff und die Preiskontrollen abschaffte. Das sollten wir nicht vergessen, wenn jetzt stärker denn je an der Marktwirtschaft gezweifelt wird. Noch streitet die Linke, ob eine Heuschreckenmentalität à la Müntefering oder bereits ein Raubtierkapitalismus à la WASG/PDS Schuld an allerlei „Ungerechtigkeiten“ sei. Das aber ist absurde Demagogie, die eines vergisst: Es kann niemals pauschal definiert werden, was gerecht oder ungerecht ist.
Der Charme der Sozialen Marktwirtschaft besteht darin, dieses Definitionsproblem elegant zu umgehen. Eine Marktwirtschaft setzt zunächst auf freiwillige Tauschprozesse (also gerade nicht auf Preiskontrollen, Mindestlöhne oder Renditedeckelungen), die insofern gar nicht ungerecht sein können. Gleichwohl haben wir uns dafür entschieden, durch eine anschließende Umverteilung nach der individuellen Leistungsfähigkeit die Marktwirtschaft sozial zu gestalten. Diese Umverteilung erfolgt in unserem Lande auch massiv und tagtäglich. Bei einer Staatsquote von fast 50 Prozent wird immerhin fast jeder zweite Euro nicht von dem konsumiert, der ihn erwirtschaftet.
Wer nun immer noch glaubt, jede verbleibende Einkommensungleichheit als Ungerechtigkeit kritisieren zu müssen, zerstört jeden Leistungsanreiz und damit die Basis für alles Soziale. Zweifellos mögen bestimmte Managergehälter unangemessen hoch erscheinen. Aber kann es nicht sein, dass das eher an zu wenig als an zu viel Marktwettbewerb in den Vorständen und Aufsichtsräten der verquickten Deutschland AG liegt? Die FDP jedenfalls will die Rechte der Eigentümer und die Effizienz der Aufsichtsräte stärken. Wir bekennen uns – auch hier – zu den Marktkräften, die dieses Land reich gemacht haben.
Foto: Deutscher Bundestag
Erschienen am 17. August 2005
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