Wolfgang Neskovic, Die Linke.
Die Einsetzung des Untersuchungsausschusses war überfällig. Bereits im letzten Jahr sind immer mehr Einzelheiten bekannt geworden, die die Vermutung begründen, dass die Bundesrepublik entgegen aller offiziellen Dementis die Bevölkerung über ihre Beteiligung am Irakkrieg getäuscht und bei der Terrorbekämpfung rechtsstaatliche Vorgaben missachtet haben könnte. Die Linke. hat sich als einzige Bundestagsfraktion von Anfang an konsequent für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses eingesetzt. Der Bericht, den die Bundesregierung im Januar 2006 dem Parlamentarischen Kontrollgremium zu den genannten Fragekomplexen erstattet hat, hat Fragen offen gelassen und wirft neue auf. Hinzu kommen Medienberichte der jüngsten Zeit, die nahe legen, dass deutsche Stellen im Kampf gegen den Terrorismus in noch schwerwiegenderer Weise als bisher angenommen von Recht und Gesetz abgewichen sein könnten.
Vor diesem Hintergrund wird der Untersuchungsausschuss nicht nur die Aufgabe haben, die etwaige Beteiligung oder Mitwisserschaft deutscher Stellen bei konkreten Fällen mutmaßlicher Verschleppungen, Inhaftierungen und Folter Terrorverdächtiger aus Deutschland aufzuklären. Darüber hinaus wird es auch darum gehen, zu klären, ob und gegebenenfalls inwieweit solche Vorgänge auf Vorgaben der Bundesregierung beruhten. Sollte sich herausstellen, dass Anweisungen der Bundesregierung es deutschen Stellen gestatteten, fundamentale Menschenrechte zu verletzen und rechtsstaatliche Garantien außer Kraft zu setzen, würde dies nicht nur eine schwerwiegende Verletzung des Grundgesetzes darstellen. Zugleich wäre unsere kollektive rechtsstaatliche Identität bis ins Mark erschüttert. Um dauerhaften Schaden für das rechtsstaatliche Selbstverständnis der Bundesrepublik abzuwenden, würde man deshalb die Grenzen des im demokratischen Rechtsstaat beim Kampf gegen den Terrorismus Erlaubten klarer als bisher definieren müssen.
Schließlich wird es auch Ziel meiner Ausschussarbeit sein, zu verdeutlichen, dass Änderungen der Gesetze zur Kontrolle der Geheimdienste dringend notwendig sind. Solange die zu Kontrollierenden über Umfang und Inhalt der parlamentarischen Kontrolle bestimmen, kann von effektiver demokratischer Geheimdienstkontrolle nicht die Rede sein.
Erschienen am 22. Mai 2006
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