MONTAG
Hans-Christian Ströbele kommt mit dem
Fahrrad. Das steht einem grünen Abgeordneten gut zu Gesicht.
Als Berliner hat es der 68-Jährige natürlich einfach.
Oder auch nicht. Es regnet an diesem Morgen.
Für einen stellvertretenden Vorsitzenden der Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen, der zugleich Mitglied im
Untersuchungsausschuss, im Parlamentarischen Kontrollgremium, im
Rechts- und im Wahlprüfungsausschuss ist sowie den
Arbeitskreis III seiner Fraktion leitet, sind kurze Wege zwischen
Wahlkreis und Bundestagsbüro ein Glück. Er kann, auch
wenn er nicht allzu gern früh aufsteht, am Montagmorgen einer
der ersten im Bundestag sein. Das schafft ein wenig Vorlauf,
für den er aber am Wochenende gearbeitet hat.
Er hat sich bereits auf die nächste Sitzung des
Untersuchungsausschusses vorbereitet, Anträge gelesen, Briefe
und Mails beantwortet. So kann er als Erstes mit seinen
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Büro besprechen, was zu
erledigen ist, welche Sprechzettel gebraucht werden und welche
Zuarbeiten, was noch geändert werden muss an einem Antrag,
welche Termine noch gemacht oder vielleicht verschoben werden. So
eine Morgenbesprechung kann, wenn die Zeit knapp wird, auch mal
zwischen Tür und Angel erledigt werden.
Bleibt bis zur ersten Besprechung also noch ein wenig Zeit für
Büroarbeit und Aktenstudium. Als Anwalt sei er es ja gewohnt,
sagt Ströbele, einen gefüllten Leitzordner in einer
Stunde durchzuarbeiten und tatsächlich zu wissen, was drin
stehe.
Sein Büro ist bis unter die Decke mit Leitzordnern
gefüllt.
Der Terminkalender eines Abgeordneten ist nie in Stein
gemeißelt. Zu viel kann dazukommen oder sich ändern. Die
Termine von Hans-Christian Ströbele stehen deshalb nach
altbewährter Art mit Bleistift geschrieben in einem
Papierkalender. Radiergummi in greifbarer Nähe. Für 13
Uhr steht unverrückbar im Plan: Vorbesprechung mit
Fraktionskollegen für die Sitzung des
Untersuchungsausschusses. Die beiden ersten Tage einer
Sitzungswoche, sagt der Abgeordnete Ströbele, seien fast
ausschließlich mit innerfraktioneller Arbeit gefüllt,
Arbeitskreise tagen, die Fraktionssitzung findet statt, der
Fraktionsvorstand berät.
Hans-Christian Ströbele geht im Anschluss an die
Untersuchungsausschussrunde also in den Fraktionsvorstand, danach
zurück ins Büro. Es folgt ein Gesprächstermin um 14
Uhr, wieder Büroarbeit und um 17 Uhr steht eine Lifesendung
bei n-tv im Terminkalender, die den Namen „Das Duell”
trägt und zu der er eingeladen ist. Zum Glück ist das
Studio in der Nähe des Bundestages, so kann der Abgeordnete
vor seinem Abendtermin um 20 Uhr noch mal ins Büro. Das ist
dann die Chance, Post zu bearbeiten. „Ich bekomme
täglich zwischen 50 und 200 Briefe und Mails.” Das
dürfte einen Leitzordner füllen. Und Nachtarbeit
bedeuten.
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Text: Kathrin Gerlof
Erschienen am 18. Juni 2007