Für Laien klingt Rechtsausschuss wie „Juristenklub”. Tatsächlich ist es hilfreich, in diesem Gremium über juristischen Sachverstand zu verfügen. Schließlich gibt es fast kein Gesetz, das nicht über den Tisch des Rechtsausschusses geht und das hier auf Rechtsförmlichkeit und Verfassungskonformität überprüft wird. So hat der Rechtsausschuss als einziger Fachausschuss den Überblick über die gesamte Gesetzgebung des Bundes. Federführend behandelt er zudem alle gesetzgebenden Maßnahmen aus dem Justizbereich.
Gleich zu Beginn der Wahlperiode hat der Rechtsausschuss neue Regeln eingeführt - der Überzeugung folgend: Es kommt nicht darauf an, wie schnell ein Gesetz den Bundestag durchläuft, sondern wie gut es ist. Deshalb sind die bisher üblichen Tischvorlagen abgeschafft. Mehr oder weniger umfangreiche Vorlagen, meist schon mit einer Beschlussempfehlung der Regierung versehen, wurden bisher in den Sitzungen oft als Tischvorlagen verteilt. Kaum überflogen, und dann wurde schon votiert. Das soll anders werden. Auf die Tagesordnung der Rechtsausschusssitzung kommt nur, was in der Vorwoche auf dem Schreibtisch des Ausschussvorsitzenden gelandet ist. Vielleicht schafft dieses Vorgehen auch Raum für ein weiteres Anliegen: Gesetze verständlicher zu machen. Juristen kommunizieren in ihrer Fachsprache. Sie wissen zum Beispiel, was „Untreue” ist - missbrauchte Verfügungsbefugnis. Aber der Bürger, für den die Gesetze gemacht sind, versteht etwas völlig anderes darunter, wenn er das Gesetz überhaupt noch versteht.
Ein anderes großes Vorhaben hängt mit dem Lissabon-Vertrag zusammen, nach dem sich die Europäische Union nun neu organisiert und den nationalen Parlamenten mehr Mitsprache bei Europäischen Gesetzgebungsakten zukommt. Aber soll das so ablaufen, dass die Regierung für das Parlament Stellungnahmen entwirft, die eine Handlungsanweisung, die die Regierung bindet, beinhaltet? Das Parlament braucht mehr Eigeninitiative, mehr Expertise, neue Strukturen und Abläufe. Was liegt näher, als in diesem Zusammenhang gleich eine andere Schieflage wenigstens mit zu begradigen und auch mehr Gesetze im Parlament zu formulieren, statt dieses Feld fast ausschließlich den Juristen in den Ministerien zu überlassen. Ein gutes Beispiel stellt das Recht der Parlamentarischen Untersuchungsausschüsse dar, das nach den Erfahrungen mit den bisherigen Vorschriften dringend renovierungsbedürftig ist. Hier wären aus Sicht des Ausschusses Anregungen aus dem Parlament heraus gut. Daneben steht eine Fülle weiterer Novellen auf der Tagesordnung: Von der Kronzeugenregelung über die Sicherungsverwahrung, die Sterbehilfe, die Zwangsverheiratung, die Zeugenbefragung bis hin zur Staatshaftung.
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Die Gremien des
Deutschen Bundestages
Text: Gregor Mayntz
Erschienen am 25. März
2010