Die Bundestagsabgeordneten sind verpflichtet, die Ausübung ihres Mandats in den Mittelpunkt ihrer Tätigkeit zu stellen. Das schließt aber nicht aus, dass sie auch anderen Tätigkeiten nachgehen können. Die Verhaltensregeln - 2005 verschärft - sind ein verbindliches Regelwerk dafür, was sie dabei zu beachten haben.
Viele Aktivitäten ihrer Abgeordneten kennen die Bürger schon aus deren Wahlkampf: Bundestagskandidaten werben etwa mit ihrer Berufstätigkeit, ihren Mitgliedschaften in Vereinen, Verbänden, Gewerkschaften oder Interessengruppen, damit ihre Kenntnisse, gesellschaftliche Verwurzelung und ihr Engagement sichtbar werden. Sobald sie aber im Bundestag sind und daraus Nebentätigkeiten werden, dürfen diese nicht zu unzulässiger Abhängigkeit und Einflussnahme auf das freie Mandat führen, vor allem, wenn dahinter auch finanzielle Interessen stehen. Es wäre das Aus für die Glaubwürdigkeit des Parlamentes, wenn sich dessen Mitglieder dem Verdacht aussetzten, dass Entscheidungen „käuflich” sein könnten.
Es besteht seit vielen Jahren in Praxis und Rechtsprechung Einigkeit darüber, dass die Aufgaben eines Abgeordneten einen Vollzeitjob darstellen, also im Mittelpunkt seiner Tätigkeit stehen. Zur Freiheit des Abgeordneten gehört aber auch, dass er einem Beruf - den er meist bereits vorher ausgeübt hat - (weiter) nachgehen darf. Die Unvereinbarkeit von Tätigkeiten und Mandatsausübung gilt nur für Staatsbedienstete, deren Dienstverhältnis mit Mandatsannahme ruht. Im Übrigen hat sich der Gesetzgeber entschlossen, parallele Berufstätigkeit zuzulassen. Unter anderem, um das Abgeordnetenmandat für alle Berufsgruppen attraktiv zu machen, ihre Unabhängigkeit zu stärken und berufliche Erfahrungen einbringen zu können. Das hat sogar den Vorteil, nicht aus Gründen der beruflichen Zukunft auf die Wiederaufstellung durch die jeweilige Partei schielen zu müssen.
Doch wenn ein Abgeordneter auf der Lohnliste einer bestimmten Firma steht, die dafür die Vertretung und Durchsetzung ihrer Interessen im Bundestag erwartet, oder wenn er für erhaltene Zuwendungen keine entsprechende Gegenleistung erbringt, dann hat eine solche Konstellation grundsätzlich einen negativen Beigeschmack.
Um gar nicht erst den Verdacht „unsauberer” Verquickungen zwischen Wahrnehmung des Mandats und dem Bankkonto aufkommen zu lassen, hat sich der Bundestag schon 1972 selbst Verhaltensregeln auferlegt und seitdem mehrfach, zuletzt 2005, verschärft. Diese zielen im Kern darauf ab, dass sich die Bürger jederzeit ein Bild von den Nebentätigkeiten jedes einzelnen Abgeordneten machen können. Mögliche Interessenverknüpfungen und wirtschaftliche Abhängigkeiten werden offengelegt und Rückschlüsse auf die Art und Weise der Mandatsausübung ermöglicht. Und dieses Prinzip wirkt auch vorbeugend: Da sie bestimmte Aktivitäten anzeigen müssen, können Abgeordnete sich im Zweifel bereits vorher zweimal überlegen, ob sie diese überhaupt ausüben wollen.
Nach den neu gefassten Verhaltensregeln sind alle Abgeordneten verpflichtet, dem Bundestagspräsidenten einzelne Tätigkeiten und Funktionen neben dem Mandat fortlaufend anzuzeigen. Da geht es unter anderem um die zuletzt ausgeübte Berufstätigkeit und Mitgliedschaften in Vorständen, Aufsichtsräten oder sonstigen Gremien. Auch die während der Wahlperiode ausgeübten Nebentätigkeiten sind unter bestimmten Voraussetzungen anzeigepflichtig. Anzeigepflichtig sind oberhalb bestimmter Bagatellgrenzen ferner alle Einkünfte, die der Abgeordnete für diese Tätigkeiten erhält. Die Angaben werden regelmäßig veröffentlicht und Einkünfte dabei in drei Gruppen ausgewiesen:
Verstöße können bestraft werden, und zwar mit Bußgeldern, die den Abgeordneten treffen, aber nicht seine Mandatsausübung verhindern.
Die Regelungen sind nicht unumstritten. Manche bezweifeln, ob der Zweck auf diesem Weg optimal erreicht wird. Auch das Bundesverfassungsgericht hat sich aufgrund einer Klage von neun Bundestagsabgeordneten gegen die neu gefassten Verhaltensregeln unter anderem mit der Frage beschäftigt, ob sie eine „faktische Zugangssperre für Unternehmer, Freiberufler und sonstige Selbstständige” bewirken, wie einige Abgeordnete beklagten. Das Verfassungsgericht teilte diese Bedenken in einer viel beachteten, mit vier zu vier Richterstimmen im Juli 2007 ergangenen Entscheidung nicht. Es unterstrich vielmehr die Pflicht der Abgeordneten, Gefahren für die Unabhängigkeit der Mandatsausübung entgegenzutreten. Die Debatte ist damit nicht beendet. Wie auf jedem anderen Politikfeld beobachtet der Bundestag, welche Erfahrungen gemacht werden und ob es Verbesserungsbedarf gibt.
Die Verhaltensregeln im Internet:
www.bundestag.de/dokumente/rechtsgrundlagen/go_btg/anlage1.html
Die veröffentlichungspflichtigen Angaben der Abgeordneten
finden Sie unter den Abgeordnetenbiografien im Internet:
www.bundestag.de/bundestag/abgeordnete17/biografien
Die wichtigsten Änderungen
Für eine Weiterentwicklung der Verhaltensregeln hat der
Bundestag im Jahr 2005 mehrere Änderungen formuliert.
Gesetzlich ist nunmehr klargestellt, dass
Die häufigsten
Missverständnisse
Viele Details der neuen Regelung werden mitunter
missverstanden:
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Erschienen am 26. Juli 2010