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Informationen über dieses Dokument: Seitentitel: Schümanns Sicht der Dinge - Anstellen wie alle
Gültig ab: 05.03.2004 00:00
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Schümanns Sicht der Dinge - Anstellen wie alle

Helmut Schümann
Helmut Schümann.

Unsereins Journalist ist wichtig im Staat. Wahrscheinlich werden wir deswegen auch die vierte Gewalt genannt. Manchmal zumindest. Sonntags. In Reden. Die vierte Gewalt ist so etwas Ähnliches wie die fünfte Jahreszeit. Also etwas, was es eigentlich gar nicht gibt, was aber doch da ist. Es kommt vor, dass die vierte Gewalt und die fünfte Jahreszeit sehr eng aneinander rücken. Zum Beispiel, wenn der Rudi Völler die vierte Gewalt beschimpft. Dann ist der Rudi der Elferrat und wir sind die Narren. Nur, dass niemand Alaaf schreit oder Helau, sondern nur: „Richtig so, Rudi, denen hast du es gegeben!“

Ein anderes Mal stand eine lange Schlange vor dem Lokal „StäV“. Das StäV ist in Berlin der Ort, an den es den Rheinländer hinzieht, wenn ihm das Herz überquillt. Egal, ob er nun der ersten, der zweiten, der dritten oder der vierten Gewalt angehört. Dann ist es sehr voll im StäV. In der Schlange standen zwei Viertgewaltler und warteten in der Kälte auf Einlass. Da kam ein Erstgewaltler des Weges. Ein sehr hochrangiger Legislativer, nennen wir ihn Emel, er ist wirklich sehr hochrangig. Emel schritt an der Schlange vorbei und strebte zum Eingang. „Halt, halt“, rief einer der Viertgewaltler, „anstellen wie alle!“, aber Emel überhörte das und verschwand in der Wärme und der fünften Jahreszeit. Der ein oder andere in der Schlange war kurz geneigt, ein Weilchen in die Exekutive rüberzuwechseln, um ein wenig Gewalt auszuüben, besann sich aber wieder und verschob den finsteren Gedanken auf den nächsten Wahltermin.

Was macht man in so einem Fall als vierte Gewalt? Übt man sein Amt als Organ der Kontrolle aus und prangert Emels schlechtes Benehmen öffentlich an? Aber dann heißt es wieder, dass sie so sind, die Herrschaften von der Gesetzgebung. Machen sich einfach ihre Gesetze selber. Was hochgradig unfair wäre. Es kamen nämlich noch einige andere Legislativler des Weges und alle hielten sich an das Gesetz des Schlangestehens. Besser also, man prangert nicht an, weil das schlechte Benehmen Emels viel zu unwichtig und außerdem privat ist. Und im Übrigen beschränkt sich schlechtes Benehmen nicht auf die Legislative, Exekutive und Judikative. Es ist, zumindest munkelt man das, auch schon in der vierten Gewalt vorgekommen. Aber bestimmt nur selten.

Text: Helmut Schümann
Foto: Kitty Kleist-Heinrich


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