In zeitlicher Nähe zum 60. Jahrestag der Niederlage Hitlerdeutschlands und der Übergabe des Holocaust-Denkmals an die Öffentlichkeit kommt es im Parlamentsviertel zu mancher Begegnung, die Hoffnung macht, dass die richtigen Lehren aus der Vergangenheit gezogen werden. Auf der Fraktionsebene des Reichstagsgebäudes wird beispielsweise der Friedenspreis der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) vergeben. Preisträger ist die Jerusalemer „Hand-in-Hand-Schule“, in der jüdische und arabische Kinder gemeinsam in beiden Sprachen unterrichtet werden.
Altbundespräsident Johannes Rau äußert den Wunsch, dass diese Schule Vorbild für das friedliche Zusammenleben nicht nur der Kinder sein werde. Der Präsident der DIG, der frühere Bundesminister Manfred Lahnstein, berichtet, die Bewerberliste für die Schule werde immer länger. Jedes Jahr steige die Zahl der Anmeldungen um rund 20 Prozent. Die 5.000 Euro Preisgeld sollen mit in den notwendigen Neubau gesteckt werden.
Unter den Gästen auch die Vorsitzende der Deutsch-Israelischen Parlamentariergruppe im Bundestag, Hildegard Müller. Sie schlägt den Bogen zwischen dem Nahostkonflikt und den vor 40 Jahren aufgenommenen diplomatischen Beziehungen zwischen Israel und der Bundesrepublik. Deutschlands Bekenntnis zum israelischen Staat sollte nach ihren Worten auch Verpflichtung sein, neu erwachende Friedenshoffnungen im Nahen Osten aktiv zu unterstützen. „Die Partnerschaft mit Israel ist zudem Auftrag, dass alter und neuer Antisemitismus keinen Platz in unserer Gesellschaft haben.“
Weitere Informationen unter: www.deutsch-israelische-gesellschaft.de
Mit Lehren aus der Vergangenheit beschäftigt sich auch das Deutsche Polen-Institut, das in diesem Jahr 25 Jahre besteht. Im Paul-Löbe-Haus des Bundestages wurde dazu eine Ausstellung eröffnet, die nach den Worten von Parlamentspräsident Wolfgang Thierse gut in diese Tage passt. Er stellt fest, dass es in Deutschland noch Nachholbedarf für polnische Geschichte, Kultur und Literatur gebe. Institutsdirektor Dieter Bingen und die Präsidentin der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder), Gesine Schwan, machen Hoffnung, dass sich das ändern wird. So ist jetzt das erste Polnisch-Lehrbuch für Schüler auf den Weg gebracht.
Walter Hoffmann, der aus dem Bundestag ausscheidet, weil er zum Oberbürgermeister von Darmstadt gewählt worden ist, wird den Vorsitz des Kuratoriums des Instituts übernehmen. Der Gewerkschafter erzählt, dass er 1980, zur Zeit der Streikbewegung der Danziger Werftarbeiter und der Gründung der Gewerkschaft Solidarnosc, viele Kontakte zu den polnischen Kollegen geknüpft hat.
Weitere Informationen unter: www.deutsches-polen-institut.de
Den Bogen zwischen NS-Zeit und Gegenwart schlägt auch das Land Sachsen-Anhalt. Auf einem Themenabend über den Architekten und Maler Bruno Taut stellt Architekt Winfried Brenne in der Berliner Vertretung des Landes die farbenfreudigen Bauten des Künstlers vor, der vor den Nationalsozialisten bereits 1932 floh, zunächst nach Moskau, später nach Istanbul. Brenne erzählt, wie am Bosporus Taut und der künftige Berliner Regierende Bürgermeister Ernst Reuter die Bauaufgaben im Nachkriegsberlin diskutierten.
Weitere Informationen unter: www.sachsen-anhalt.de
Text: Klaus Lantermann
Fotos: Deutscher Bundestag, Picture-Alliance
Erschienen am 29. Juni 2005