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Informationen über dieses Dokument: Seitentitel: Hausverbot für Sarko
Gültig ab: 18.06.2008 10:19
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Hausverbot für Sarko

Soldatin der republikanischen Garde.
Soldatin der republikanischen Garde.
© Picture-Alliance/Maxppp Benoit Tessier

Frankreich: Assemblée Nationale

Wenn Kaiser Napoleon auf die Kolonnenfassade der „Assemblée Nationale” blickte, bedauerte er es, kein Artillerieoffizier mehr zu sein. Sonst hätte er seine Kanonen auf diese „lächerliche Fassade” gerichtet, das sagte der Kaiser, und der Abgeordnete Antonin Proust hielt es in einem Bericht für die Nachwelt fest. Wie Staatspräsident Nicolas Sarkozy über die Architektur der Nationalversammlung urteilt, ist nicht bekannt, gewiss ist doch, dass er darunter leidet, sie nicht mehr betreten zu dürfen. Denn wie alle Präsidenten der V. Republik ist Sarkozy ein Verbannter, er darf keinen Fuß in die Nationalversammlung im schmucken Palais Bourbon setzen. Das ist auf die Angst der Franzosen vor ihrem Staatsoberhaupt zurückzuführen, welches sie seit langer Zeit verdächtigen, es könne sich der Volksvertretung bemächtigen. Das Broglie-Gesetz vom 13. März 1873 schränkte damals die Macht Adolphe Thiers ein. Die V. Republik setzt diese Tradition fort mit Artikel 18 der Verfassung. Der Präsident darf nur „mit den beiden Kammern des Parlaments über Botschaften kommunizieren, die verlesen werden und keinen Anlass zu einer Debatte geben”. Die Abgeordneten oder Senatoren müssen stehen, während die Präsidentenbotschaft entweder vom Präsidenten der Nationalversammlung oder dem Präsidenten des Senats verlesen wird. Insgesamt 19 Präsidentenbotschaften haben die Volksvertreter seit 1958 stehend gelauscht. Die letzte reicht ins Jahr 2002 zurück: Kurz nach seiner (Wieder-)Wahl gegen den Rechtsextremen Le Pen richtete sich Jacques Chirac im Juli 2002 an die Parlamentarier, um sie vom europäischen Einigungsprozess und der Ratifizierung des Vertrages von Amsterdam zu überzeugen. Nicolas Sarkozy, der damals in der Nationalversammlung strammstand, muss dabei seine Überzeugung verfestigt haben, dass dieses Ritual nicht mehr zeitgemäß sei. Er will Artikel 18 ändern und dem Parlament eine Verfassungsänderung abringen. Einen Kabinettsbeschluss hat er darüber schon. Ein Mal im Jahr, so wie der amerikanische Präsident mit seiner „State of the Union”-Rede, will sich Sarkozy an die versammelten Parlamentarier richten dürfen. Weil das Abgeordnetenhaus allein dafür zu klein ist, soll die Präsidentenrede im Königsschloss von Versailles stattfinden, in dem die beiden Parlamentskammern ohnehin Hausrecht genießen. Wo der Sonnenkönig einst Frankreichs Macht erstrahlen ließ, kommen in regelmäßigen Abständen die Volksvertreter zusammen, wenn sie über Verfassungsänderungen zu entscheiden haben. „Kongress” wird ihre Versammlung genannt.

Sarkozys Wunsch nach einem Ende des Hausverbotes wurde von der sogenannten Balladur-Kommission gestützt, die einen Bericht über die Modernisierung der französischen Institutionen erarbeitet hat. Die Parlamentarier verhalten sich hingegen eher zaudernd. Traditionen bestimmen den Alltag im französischen Parlamentarismus, und das Misstrauen vor Einschränkungen der parlamentarischen Befugnisse sitzt tief. Auch die Soldaten der republikanischen Garde, die zu jeder Sitzungseröffnung in der Nationalversammlung ein Ehrenspalier bilden, stehen nicht wegen ihrer schmucken Uniformen mit Goldkordeln und bordeauxroten Quasten in der Wandelhalle. Die Trommelwirbel, die gereckten Säbel, sie demonstrieren den Repräsentanten des Volkes die Ergebenheit der französischen Armee. Daran jedoch hat auch Präsident Sarkozy Gefallen. 

Text: Michaela Wiegel, Paris
Erschienen am 18. Juni 2008

Weitere Informationen:

Assemblée Nationale
Deutschsprachige Informationen finden Sie unter:
www.assemblee-nationale.fr


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