FRAUENHÄUSER
Bundestag debattiert über Finanzierung
Für geprügelte und vergewaltigte Frauen ist es oft der letzte Ausweg: das Frauenhaus. Hilfe und Schutz sollen misshandelte Frauen dort finden. Mehr als 40.000 sind es jährlich, die in den gut 330 Frauenhäusern und mindestens 61 Frauenzufluchtswohnungen Beistand finden. Insgesamt stehen im gesamten Bundesgebiet rund 7.000 Plätze für gewaltbetroffene Frauen und deren Kinder zur Verfügung. Doch Frauenhäuser kann es nur geben, wenn ihre Finanzierung sichergestellt ist. Dies zu gewährleisten ist erklärte Absicht aller Bundestagsfraktionen, wie Sibylle Laurischk (FDP), Vorsitzende des Familienausschusses bestätigt: "Die Fraktionen sind sich über die Bedeutung von Frauenhäusern einig." Allerdings ist die Finanzierung Ländersache. Der Bund kann laut Grundgesetz nur eingreifen, wenn die Länder nicht garantieren können, dass überall in Deutschland gleichwertige Lebensverhältnisse gewährleistet sind - auch für Frauen, die von häuslicher Gewalt bedroht werden. Nur bei großen Unterschieden zwischen den einzelnen Bundesländern dürfte der Bund aktiv werden.
Ob die Unterschiede zwischen Frauenhäusern in Schleswig-Holsteien und Baden-Württemberg inzwischen so groß sind, dass der Bund gefordert wäre, ist unter Juristen umstritten. Bei einer Experten-Anhörung des Familien- ausschusses im November des vergangenen Jahres zur Situation von Frauenhäusern wurde zwar deutlich, dass die Finanzierung in den einzelnen Bundesländern durchaus sehr unterschiedlich geregelt ist. Susanne Köhler vom Deutschen Juristinnenbund sah die "bundesweite Funktionsfähigkeit der Häuser nicht sichergestellt" und vertrat die Ansicht: "Eine bundeseinheitliche Regelung ist mit dem Grundgesetz vereinbar." Dem widersprach jedoch der Richter am Bundesverwaltungsgericht, Klaus Rennert. Die durch das Grundgesetz verlangte Auseinanderentwicklung sei "nicht erkennbar".
Ist der Bund nun zuständig oder nicht? Um diese Frage wird sich auch die Bundestagsdebatte am 18. Dezember drehen. Bislang liegen dazu Anträge der Grünen und der Linksfraktion vor. Dass die Finanzierung unterschiedlich gehandhabt wird, bestätigt Sibylle Laurischk. "In Schleswig Holstein gelten sie am solidesten - Baden Württemberg macht hingegen keine dezidierte finanzielle Finanzvorgabe." Mit der Folge, dass immer mehr betroffene Frauen, auch aus Baden-Württemberg, die Angebote in Schleswig-Holstein, Hamburg oder Berlin nutzen, erzählt Serap Altinisik von der Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes. Nur in diesen drei Ländern, so Altinisik, existiere die seit Jahren geforderte Pauschalfinanzierung der Frauenhäuser und damit der kostenfreie Zugang unabhängig vom Einkommen für alle Frauen und Kinder. "So langsam empfinden das diese Länder als unsolidarisch", sagt sie und befürchtet zukünftig auch dort eine "Abschottung". Für Serap Altinisik gibt es daher zwei Optionen: "Entweder der Bund gibt den Rahmen für die Aufnahme jeder Frau und jedes Kindes, unabhängig von Aufenthaltsstatus und Einkommen für alle Länder vor, oder er stellt grundgesetzwidrige Unterschiede fest und sorgt für eine bundesweite Finanzierung."
Für eine Prüfung "bundeseinheitlicher Regelungen" plädiert die frauenpolitische Sprecherin der Grünen, Monika Lazar. "Aus meiner Sicht ist eine solche Regelung nur dann sinnvoll, wenn dadurch eine qualitativ hochwertige, bedarfsgerechte Versorgung mit Frauenhausplätzen sichergestellt wird," schränkt sie ein.
Die Linksfraktion will sich weiterhin für die Forderung stark machen, die bedarfsdeckende Finanzierung von Frauenhäusern auf Bundesebene gesetzlich zu regeln.
Dorothee Bär, frauenpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion, fordert die Länder dazu auf, "bei der Frauenhausfinanzierung zusammenzuarbeiten, damit den von Gewalt betroffenen Frauen und Kindern schnell und unbürokratisch geholfen werden kann und die Frauenhäuser die notwendige Planungssicherheit haben". Die SPD-Fraktion verlangt, ebenso wie die Union, eine bundeseinheitliche Finanzierung der Frauenhäuser zu prüfen. Damit eine solche Prüfung möglich wird, brauche es den schon seit längerem eingeforderten Bericht der Bundesregierung zur Lage der Frauenhäuser, sagt die FDP-Politikerin Laurischk. "Ich hoffe, dass die neue Familienministerin sich dessen schnell annimmt."
Während die einen über bundesweite Regelungen zur Finanzierung gestritten wird, vertritt der Bremer Soziologie-Professor Gerhard Amendt eine ganz andere Ansicht: Amendt will Frauenhäuser abschaffen. Er kritisiert die dort vorherrschende "Frauenhausideologie", in der "vorab immer feststeht, dass Frauen nicht gewalttätig sind". Frauen würden "politisch in die Opferposition manövriert und Männer werden kollektiv entwertet". Dem folgend dürften Frauen sich in Frauenhäusern nur als Opfer erleben. Tatsächlich benötigt würde stattdessen, so Amendt, "ein Netz von Beratungsstellen für Familien mit Gewaltproblemen". Amendt nennt sie "Familienhäuser". Den Thesen des streitbaren Professors stellte sich Terre des Femmes in einem offenen Brief entgegen. Frauenhäuser als einen Ort des "Männerhasses" zu bezeichnen, wie Amendt es getan habe, "geht vollkommen an der Wirklichkeit vorbei", heißt es darin. Das Frauenhaus sei vielmehr der Ort, der misshandelten Frauen in einer lebensbedrohlichen Situation Schutz und Sicherheit gewähren könne.
Auch Monika Lazar lehnt Amendts Ansinnen ab. Der Soziologe vertrete "seit Jahren schon antifeministische Positionen", sagt sie. Im Übrigen seien Frauenhäuser "Noteinrichtungen, sie sollen keine Therapie oder Beratung leisten".