Freitag im Plenum: Gutachten zur Entwicklung im Gesundheitswesen und namentliche Abstimmung über Vertragsarztrecht
Der Bundestag hat am Freitag, dem 27. Oktober 2006, erstmals den Gesetzentwurf zur Gesundheitsreform der Fraktionen CDU/CSU und SPD (16/3100) beraten. Der 582 Seiten umfassende Entwurf sieht mit der geplanten Einführung eines Gesundheitsfonds eine grundlegende Änderung bei der Finanzierung des Gesundheitssystems vor. Die Reform soll am 1. April 2007 in Kraft treten.
Nach der ersten Lesung im Parlament ist das Gesetzesvorhaben in den Gesundheitsausschuss überwiesen worden.
In der Plenarsitzung hat der Bundestag zudem das Gutachten 2005 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen beraten. Das Gutachten mit dem Titel "Koordination und Qualität im Gesundheitswesen" ( 15/5670) hat die Bundesregierung in ihrer Unterrichtung dem Parlament vorgelegt.
Anschließend haben die Abgeordneten in namentlicher
Abstimmung den Änderungen zum Vertragsarztrecht (
16/2474) zugestimmt. Mit Ja stimmten 385
Abgeordnete, 111 Abgeordnete stimmten mit Nein und 44
Parlamentarier enthielten sich ihrer Stimme. Mit der Reform soll
unter anderem dem Ärztemangel in Ostdeutschland begegnet
werden. Niedergelassene Ärzte und Zahnärzte sollen
Zweigpraxen eröffnen dürfen und zwar auch außerhalb
eines Bezirks einer Kassenärztlichen Vereinigung.
Außerdem sollen Vertragsärzte und -zahnärzte ohne
Begrenzung Mediziner anstellen können. Bislang ist diese
Möglichkeit auf einen ganztags beschäftigten oder zwei
halbtags beschäftigte Ärzte einer Fachrichtung
beschränkt.
Die Gesundheitsreform, die nun als Gesetzentwurf zur Stärkung des Wettbewerbs in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) auf den parlamentarischen Weg der Gesetzgebung gebracht ist, hat folgende Kernpunkte:
Gesundheitsfonds
In den geplanten Gesundheitsfonds sollen vom 1. Januar 2009 die Beiträge der rund 70 Millionen gesetzlich versicherten Arbeitnehmer sowie der Arbeitgeber und Steuermittel fließen. Aus dem beim Bundesversicherungsamt angesiedelten Fonds erhält jede Kasse eine Pauschale. Hinzu kommen Zuschläge etwa nach Alter und Gesundheitszustand der Mitglieder. Vorgesehen ist zudem ein neuer Risikostrukturausgleich zwischen den Kassen, der Krankheitswahrscheinlichkeiten der Mitglieder berücksichtigt. Kassen mit vielen alten und schwer beziehungsweise chronisch Kranken sollen einen Ausgleich von finanzstärkeren Kassen erhalten.
Beiträge
Die Beitragshöhe soll - ebenfalls vom 1. Januar 2009 an - von der Bundesregierung festgelegt werden. Die Kassen dürfen Zusatzbeiträge von ihren Versicherten erheben, die ein Prozent des steuerpflichtigen Einkommens nicht übersteigen dürfen. Bis zu acht Euro pro Monat kann eine Kasse ohne Einkommensprüfung verlangen. Sozialhilfeempfänger und Rentner mit einer staatlichen Grundsicherung sind von der Zahlung ausgenommen. Zudem ist ein Sonderkündigungsrecht geplant, das es beispielsweise Empfängern von Arbeitslosengeld II ermöglichen soll, die Kasse zu wechseln, wenn diese einen Zusatzbeitrag erhebt.
Private Krankenversicherungen
Die privaten Krankenversicherungen sollen verpflichtet werden, einen Basistarif anzubieten. Um einen Wechsel zu einem anderen Versicherer zu erleichtern, sollen Altersrückstellungen künftig mitgenommen werden können.
Sanktionen für Versicherte
Der Gesetzentwurf sieht des Weiteren Sanktionen für den Fall vor, dass Versicherte nicht regelmäßig an Vorsorgeuntersuchungen beispielsweise zu Krebserkrankungen teilnehmen. Im Krankheitsfall müssen dann nicht mehr maximal ein, sondern zwei Prozent aus eigener Tasche bezahlt werden. Die Kosten für Folgeerkrankungen nach medizinisch nicht notwendigen Schönheitsoperationen oder Piercings sind dem Entwurf zufolge von den Patienten selbst zu tragen. Ferner sollen die Kassen mehr Möglichkeiten bekommen, direkt mit Ärzten über Leistungen und Preise zu verhandeln.