Themen der vergangenen Sitzungswoche
In der Sitzungswoche vom 10. bis 14. März 2008 standen im Bundestag unter anderem drei Gesetzentwürfe der Regierungsfraktionen zum Lissabon-Vertrag zur Debatte. Außerdem stimmten die Abgeordneten über ein geändertes Wehrsoldgesetz und die Weiterentwicklung der Pflegeversicherung ab. Eine Aktuelle Stunde befasste sich mit dem Thema Mindestlohn in der Postbranche.
Auf der Tagesordnung standen zudem Anträge aus einzelnen Fraktionen, unter anderem zur Verstaatlichung des E.ON-Stromnetzes sowie zur Modernisierung der EU-Spielzeugrichtlinie.
Am Donnerstag fand vor Beginn der Sitzung um 9 Uhr ein Staatsakt zu Ehren der verstorbenen ehemaligen Bundestagspräsidentin Annemarie Renger statt.
In der ersten Plenarsitzung am Mittwoch, dem 12. März 2008, kamen die Abgeordneten zur Fragestunde und zur Befragung der Bundesregierung zusammen. Auf Verlangen der Oppositionsfraktionen FDP und DIE LINKE. folgte eine Aktuelle Stunde zur „Haltung der Bundesregierung zu den Konsequenzen aus dem Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts zum Mindestlohn für Briefdienste“. Das Gericht hatte in der vergangenen Woche eine Anwendung des Post-Mindestlohns auf die gesamte Briefdienstleistungsbranche teilweise für rechtswidrig erklärt, nachdem Wettbewerber der Deutschen Post - der Bundesverband der Kurier-Express-Post-Dienste e.V., PIN und TNT - dagegen geklagt hatten. Das Bundesarbeitsministerium unter Führung von Bundesminister Olaf Scholz (SPD) hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.
Der Abgeordnete Heinrich Kolb (FDP) bezeichnete den Post-Mindestlohn als Fehler und forderte die Bundesregierung auf, das Urteil zum Anlass zu nehmen, die Verordnung bis zur endgültigen rechtskräftigen Entscheidung außer Kraft zu setzen.
Franz Thönnes (SPD), parlamentarischer Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium bekräftigte hingegen, die Verordnung bleibe in Kraft, auch setze das Bundesministerium seine Arbeit an den Entwürfen für ein Arbeitnehmerentsendegesetz und ein Mindestarbeitsbedingungengesetz fort.
Paul Lehrieder (CDU/CSU) gab zu, das Verwaltungsgericht habe der Politik mit dem Urteil „Hausaufgaben mitgegeben", Probleme wie etwa das der Tarifkonkurrenz zu lösen, bevor weitere Branchen in das Arbeitnehmerentsendegesetz miteinbezogen würden. Doch dies ändere nichts an dem Gesetz wie an den Mindestlöhnen. Diese sollten die Tarifpartner stärken, nicht ersetzen.
Die Abgeordnete Dagmar Enkelmann (DIE LINKE.) kritisierte grundsätzlich, das Arbeitnehmerentsendegesetz sei nicht ausreichend, um „flächendeckend existenzsichernde Löhne“ in Deutschland zu schaffen. Dazu sei ein gesetzlich garantierter Mindestlohn notwendig.
In der Kernzeitdebatte am Donnerstag, dem 13. März 2008, beriet der Bundestag in Erster Lesung über einen von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zum Vertrag von Lissabon ( 16/8300). Es soll die von deutscher Seite notwendigen Voraussetzungen für das Inkrafttreten des EU-Vertrages schaffen. Außerdem standen zwei weitere, von den Regierungsfraktionen vorgelegte Gesetzentwürfe zur Debatte, die sich unter anderem mit den Rechten von Bundestag und Bundesrat in Angelegenheiten der Europäischen Union befassen ( 16/8489, 16/8488).
Die Fraktion DIE LINKE forderte in einem eigenen Antrag ( 16/7446), den Reformvertrag in allen europäischen Amtssprachen vorzulegen und den Bürgern in gedruckter Form sowie als elektronische Fassung im Internet zugänglich zu machen. Alle Anträge überwies der Bundestag in die zuständigen Fachausschüsse.
Ebenfalls in Erster Lesung beriet der Bundestag einen von der FDP eingebrachten Gesetzentwurf zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ( 16/8405). Dieser zielt darauf ab, den Wettbewerb auf Märkten mit gesamtwirtschaftlicher Bedeutung, wie etwa dem Strommarkt, zu fördern. Dazu solle dem Bundeskartellamt die Möglichkeit gegeben werden, marktbeherrschende Unternehmen zum Verkauf oder zumindest zur organisatorischen und rechtlichen Abtrennung von Vermögensteilen zu zwingen, wenn anders kein Wettbewerb zu erreichen sei. Bereits geltende Gesetze reichten nicht aus, so argumentierte die FDP. Der Gesetzentwurf wurde in die Fachausschüsse überwiesen.
In einem zusätzlichen Antrag forderte die FDP-Fraktion, Entflechtungsregeln sowohl in das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen aufzunehmen als auch in europäisches Recht zu integrieren ( 16/4065). Der Antrag wurde abgelehnt ( 16/5946).
Am Donnerstag, dem 13. März 2008, beschloss der Bundestag eine Änderung des Wehrsoldgesetzes ( 16/8188). Diese sieht vor, den Tagessatz aller Wehrsoldgruppen rückwirkend zum 1. Januar 2008 um zwei Euro zu erhöhen. Während der Lohn von Berufssoldaten in der Vergangenheit im Rahmen der Beamtenbesoldung angepasst wurde, war die Besoldung von Grundwehrdienstleistenden und Zivildienstleistenden seit 1999 gleich geblieben. Die FDP-Fraktion forderte in einem eigenen Antrag ebenfalls, die Wehrbesoldung der Grundwehrdienstleistenden unverzüglich um zwei Euro pro Tag anzuheben ( 16/5970). Diesen Antrag lehnte das Plenum ab.
Am Freitag, dem 14. März 2008, verabschiedeten die Abgeordneten nach mehr als zweistündiger Debatte ein von der Bundesregierung eingebrachtes Gesetz zur strukturellen Weiterentwicklung der Pflegeversicherung ( 16/7439, 16/7486). Vorgesehen ist, die Leistungen der Pflegeversicherung, insbesondere auch für Demenzkranke, anzuheben. Arbeitnehmer sollen künftig eine bis zu sechs Monate lange, unbezahlte Auszeit nehmen können, um Angehörige zu pflegen, und können bis zu zehn Arbeitstage freigestellt werden, um die Pflege zu organisieren.
Die von den Oppositionsfraktionen eingereichten Anträge zur Pflegereform lehnte das Plenum mit den Stimmen der Regierungskoalition ab. ( 16/7136, 16/7472, 16/7491). Die Bundesregierung stellte am Freitag zudem den Vierten Bericht über die Entwicklung der Pflegeversicherung vor ( 16/7772).
Am Donnerstag, dem 13. März 2008, standen verschiedene Anträge auf der Tagesordnung des Parlaments. So forderte die Fraktion BÜNDNIS 90/ Die GRÜNEN die Bundesregierung auf, bis zur Sommerpause 2008 einen verbraucherpolitischen Bericht vorzulegen ( 16/8499) und die von der Bundesregierung 2004 eingeleitete Modernisierung der Verbraucherpolitik fortzuführen und weiterzuentwickeln ( 16/684). Demnach sollen die Informationsrechte der Verbraucher gestärkt und Informationsangebote ausgebaut und finanziell unterstützt werden. Daneben sieht der Antrag vor, europaweit geltende Gesetze hinsichtlich der Kennzeichnung von Lebensmitteln zu schaffen und stärker gegen Belastungen der Nahrung durch Chemikalien, Dioxin oder Pestizide vorzugehen. Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hatte zuvor den Antrag beraten und seine Ablehnung empfohlen ( 16/8398). Beide Anträge wurden schließlich von der Mehrheit des Bundestags abgelehnt.
Außerdem debattierte das Plenum über zwei Anträge von BÜNDNIS 90 /DIE GRÜNEN ( 16/7837) sowie CDU/CSU und SPD. Beide haben zum Ziel, Kinderspielzeug sicherer zu machen, nachdem sich in der Vergangenheit Rückrufaktionen wegen Beanstandungen gehäuft hatten. BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN fordern die Bundesregierung daher auf, ein staatlich garantiertes Sicherheitssiegel einzuführen, das zu einer betriebunabhängigen Kontrolle verpflichtet. Außerdem sollen unsichere Produkte unbefristet zurückgenommen und umstrittene Stoffe wie Weichmacher verboten werden. Beide Anträge wurden in die Fachausschüsse überwiesen.
Im Anschluss stimmten die Parlamentarier für einen Antrag von SPD und CDU/CSU-Fraktion ( 16/7489), der fordert, erneuerbare Energien für die Energieversorgung deutscher Einrichtungen im Ausland zu nutzen. So sollen künftig für die Stromversorgung von Gebäuden des Bundes im Ausland, wie Botschaften, Konsulate, deutschen Schulen und Goethe-Institute, regenerative Energien zu nutzen. Für den Umbau der Gebäude sollen insbesondere das anstehende Sanierungsprogramm für deutsche Vertretungen im Ausland sowie das 120-Millionen-Euro-Programm der Bundesregierung zur energetischen Sanierung von Bundesliegenschaften verwendet werden. Der Antrag war zuvor bereits im Auswärtigen Ausschuss beraten und seine Annahme empfohlen worden ( 16/7910).
Ebenfalls am Donnerstag beschäftigte sich das Plenum mit einem Antrag der Fraktion DIE LINKE., der vorsieht, das Stromnetz des Energie-Konzerns E.ON in die öffentliche Hand zu übernehmen. Außerdem stand die medizinische Versorgung der Bundeswehr zur Debatte. Die FDP schlug in ihrem Antrag ( 16/7176) vor, ein Behandlungszentrum für posttraumatische Belastungsstörungen einzurichten. Die Fraktion DIE LINKE. forderte, die Behandlungs- und Betreuungskapazitäten für Bundeswehrsoldaten zu verbessern, die an posttraumatischen Belastungsstörungen infolge von Kriegseinsätzen leiden ( 16/8383). Beide Anträge wurden nach der Beratung im Plenum in die zuständigen Fachausschüsse überwiesen.
Am Freitag stimmte das Parlament einem gemeinsamen Antrag von CDU/ CSU, SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN zu ( 16/8192), der darauf abzielt, eine neue und effektive Nahrungsmittelhilfekonvention zu schaffen, die an den Bedürfnissen von Hungernden ausgerichtet ist. Sie soll es Industrienationen unter anderem verbieten, ihre Getreideüberschüsse kostengünstig abzusetzen, da dies oft den örtlichen Erzeugern schade. Bei der Neuverhandlung der Konvention sollen zudem neue Instrumente der Nahrungsmittelhilfe wie die Anreicherung von Lebensmitteln mit Mineralstoffen und Vitaminen miteinbezogen werden.