Debatte über aktuellen Bericht zur Lage der Ausländer in Deutschland
Jugendliche aus Einwandererfamilien verlassen sehr viel öfter die Schule ohne Abschluss und finden auch wesentlich seltener einen Ausbildungsplatz als deutsche Jugendliche. Das geht aus dem "7. Bericht zur Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland" hervor (16/7600), über den der Bundestag am Donnerstag debattierte.
In unserem Live-Chat diskutierten heute die Bundestagsabgeordneten Stephan Mayer (CDU/CSU) und Sevim Dağdelen (DIE LINKE.) über das Thema (Transkript).
18 Prozent der Jugendlichen mit Migrationshintergrund brechen danach die Schule ohne Abschluss ab – das entspricht fast jedem fünften ausländischen Schulabgänger. Auch der Negativtrend bei der Ausbildung hat sich laut Bericht fortgesetzt: Die Ausbildungsquote von ausländischen Jugendlichen liegt derzeit bei 23 Prozent – unter deutschen Jugendlichen haben dagegen 57 Prozent eine Ausbildung.
Die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Maria Böhmer (CDU) ahtte den Report im Dezember 2007 bereits dem Kabinett vorgestellt und die Zahlen als "ein Alarmsignal" bezeichnet. Sie zeigten, dass sich die Bildungschancen für jugendliche Migranten trotz verbesserter Konjunktur verschlechtert hätten. Mitte der 1990er-Jahre habe etwa die Ausbildungsquote unter ausländischen Jugendlichen noch bei 34 Prozent gelegen, so Böhmer. Heute hätten 40 Prozent der erwerbstätigen Migranten gar keine Berufsausbildung. Unter den Deutschen seien nur 12 Prozent ungelernt.
Laut Lagebericht sind fehlende oder unzureichende Qualifikationen der Hauptgrund für das unter Einwanderern im Vergleich zu Deutschen doppelt so hohe Risiko, den Arbeitsplatz zu verlieren. Unter Migranten türkischer Herkunft ist die Quote der Unqualifizierten am höchsten. Insgesamt machten nur rund 40 Prozent der Einwandererkinder einen mittleren oder höheren Schulabschluss, dagegen 70 Prozent der deutschen Kinder, so der Bericht. An den Universitäten betrage der Anteil von Studenten mit Migrationshintergrund sogar nur 3,3 Prozent.
Positiv wird dagegen im Report die Entwicklung der Selbstständigkeit von Menschen mit einem Zuwanderungshintergrund registriert: Die Selbständigenquote der ausländischen Bevölkerung lag im Zeitraum des aktuellen Berichts mit fast 12 Prozent doppelt so hoch wie Anfang der 1990er-Jahre. Ausländische Unternehmen hätten sich im Rahmen des Nationalen Integrationsplans außerdem verpflichtet, 10 000 zusätzliche Ausbildungsplätze zu schaffen. Derzeit gibt es in Deutschland 582 000 Unternehmer mit Migrationshintergrund. Sie haben rund zwei Millionen Ausbildungsplätze eingerichtet.
Erstmals wurden in einem Ausländerbericht alle Zuwanderer erfasst - also auch die, die zwar in Deutschland geboren wurden, deren Vater oder Mutter aber zugewandert sind. "Die Unterscheidung zwischen Ausländern und Deutschen reicht heute für die Bewertung der sozialen Realität nicht mehr aus", hatte die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer, zuvor erklärt. Die neue Datenlage ermögliche es, integrationspolitische Maßnahmen zielgenauer zu konzipieren und durchzuführen. Nach den neuen Berechnungen kommen heute rund 15 Millionen Bürger aus Einwandererfamilien, rund die Hälfte davon besitzt die deutsche Staatsangehörigkeit.
Der 7. Ausländerbericht knüpft an den im Juni 2005 veröffentlichten 6. Bericht an. Schwerpunkt sind diesmal die Themenfelder Bildung, berufliche Qualifizierung und Integration in den Arbeitsmarkt. Laut Aufenthaltsgesetz ist die Bundesregierung verpflichtet, mindestens alle zwei Jahre dem Bundestag über die Situation der Ausländer in Deutschland Bericht zu erstatten. Die verspätete Veröffentlichung des aktuellen Reports hatte die Integrationsbeauftragte damit begründet, dass so die aktuellen Daten aus dem im Mai 2007 veröffentlichten "Mikrozensus 2005" und die Ergebnisse aus dem im Juli 2007 veröffentlichten "Nationalen Integrationsplan" einbezogen werden konnten. Die Fraktion DIE LINKE. hatte dies kritisiert und davor gewarnt, die "wissenschaftlich fundierte Darstellung" mit "Vorhaben der Bundesregierung im Rahmen des Nationalen Integrationsplans" zu vermischen (16/5788).