Die Sitzungswoche im Überblick
In der Woche vom 23. bis 27. Juni 2008, der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause, entscheidet der Bundestag über mehrere Gesetzesinitiativen zur Neuordnung des Wirtschaftsstandortes Deutschland. So stimmen die Abgeordneten über ein modernisiertes GmbH-Recht, bessere Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen und ein neues Risikobegrenzungsgesetz ab. Am Mittwoch gibt Bundesaußenminister Steinmeier eine Regierungserklärung zu den Ergebnissen der Afghanistan-Konferenz in Paris ab.
Insgesamt stehen diesmal 47 Punkte auf der Tagesordnung des Parlaments.
In der ersten Plenarsitzung am Mittwoch, dem 25. Juni 2008, kommen die Abgeordneten zur Fragestunde und zur Befragung der Bundesregierung zusammen.
Danach gibt Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier eine Regierungserklärung zu den Ergebnissen der Afghanistan-Konferenz ab. Vertreter aus 80 Staaten und der Vereinten Nationen waren am 12. Juni in Paris zusammengekommen, um mit der afghanischen Regierung weitere Aufbauhilfen zu vereinbaren. Deutschland hat für die nächsten zwei Jahre 420 Millionen Euro zugesagt.
In der Kernzeitdebatte am Donnerstag, dem 26. Juni 2008, diskutieren die Abgeordneten über die China-Politik der Bundesregierung. Hintergrund ist eine 131 Einzelfragen umfassende Große Anfrage von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN zu Themen wie Menschenrechte und Sicherheits- und Außenpolitik ( 16/7212). Ihre Antworten hat die Bundesregierung schriftlich vorgelegt ( 16/9513).
Insgesamt fünf Gesetzentwürfe, die sich mit dem Wirtschaftsstandort Deutschland befassen, stehen am Donnerstag und Freitag auf der Tagesordnung des Parlaments.
So entscheidet der Bundestag am Donnerstagmorgen über einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur „Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen“ ( 16/6140). Damit sollen Registereintragungen von Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) beschleunigt und Existenzgründungen erleichtert werden. Die FDP fordert in einem Antrag ebenfalls, GmbH-Gründungen zu entbürokratisieren. Ihrer Ansicht nach soll zur Bildung einer GmbH künftig keine staatliche Genehmigung mehr notwendig sein (16/671).
Am Freitag, dem 27. Juni 2008, stimmen die Abgeordneten dann über einen Gesetzentwurf zur „Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen“ ab. Damit will die Regierung die Bereitstellung von privatem Wagniskapital für junge und mittelständische Unternehmen fördern ( 16/6311). Der Bundesrat hatte zuvor in einer Stellungnahme kritisiert ( 16/6648), der Entwurf stärke zwar die Rahmenbedingungen für Wagniskapital, nicht aber die für Beteiligungskapital insgesamt. Die Regierung solle daher das Vorhaben für ein Beteiligungsfinanzierungsgesetz „nicht aufgeben“, so die Länderkammer.
Danach steht ein weiteres Gesetzesvorhaben, mit dem der Bundesrat die Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen fördern will, auf der Agenda des Parlaments. Mit der „Weiterentwicklung des Gesetzes über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften (UBGG)“ sollen „missverständliche“ Vorschriften im UBGG, wie etwa die Definition des Begriffs „Wagniskapital“, überarbeitet und präzisiert werden ( 16/3229).
BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN haben zu diesem Themenkomplex einen Antrag vorgelegt. Darin fordern sie die Regierung auf, ein Gesetz auszuarbeiten, das die steuerlichen Bedingungen für Hochtechnologie-Gründungen und junge innovative Unternehmen verbessert ( 16/4758).
Ebenfalls am Freitag, dem 26. Juni 2008, stimmen die Abgeordneten über einen Entwurf für ein „Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken“ ab. Mit ihm will die Bundesregierung durch mehr Transparenz „unerwünschte Aktivitäten von Finanzinvestoren“ erschweren und zusätzlich die rechtlichen Voraussetzungen für einen besseren Schutz von Unternehmen und Finanzsystem schaffen ( 16/7438).
Die Opposition hat dazu eigene Anträge vorgelegt: Die FDP fordert, den Schutz von Darlehensnehmern bei Kreditverkäufen an Finanzinvestoren zu verbessern, indem unter anderem der Kreditnehmer einer Abtretung seines Darlehens vorher zustimmen muss ( 16/8548). BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN plädieren für mehr Transparenz bei Kreditverträgen zur Immobilienfinanzierung. So müsste ein Kreditnehmer vorher informiert werden, dass sein Vertrag auf einen anderen Gläubiger übergehen kann, sofern dies nicht im Vertrag ausgeschlossen wird ( 16/5595). DIE LINKE. fordert eine Erzwingung der Zustimmung durch höhere Zinsen rechtlich auszuschließen ( 16/8182).
DIE LINKE. hat zudem einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem die Arbeitnehmermitbestimmung bei Betriebsänderungen gestärkt werden soll ( 16/7533). Auch über ihn stimmt der Bundestag am Freitag ab. Aktiengesellschaften soll es demnach nur noch mit Zustimmung des Aufsichtsrates möglich sein, „riskante und auf kurzfristige Rendite abzielende Geschäfte“ zu tätigen. In einem Antrag will die Fraktion darüber hinaus „Beschäftigte und Unternehmen vor Ausplünderung schützen“. So sollen sie über ihre Interessenvertretung Einfluss auf die Geschäftsstrategie nehmen können ( 16/7526). Der Finanzausschuss hat den Antrag zuvor beraten und empfohlen, ihn abzulehnen ( 16/9162).
Am Donnerstag, dem 26. Juni 2008, entscheidet der Bundestag über eine Änderung des Bundeskindergeldgesetzes ( 16/9615). So soll etwa die Mindesteinkommengrenze für den Kinderzuschlag auf einheitliche Beträge festgesetzt und gesenkt werden, so dass mehr bedürftige Familien erreicht werden können. Auf Grundlage des von der Bundesregierung vorgelegten „Berichts über die Auswirkungen des § 6 des Kindergeldgesetzes“ ( 16/4670) fordern BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN in einem Antrag, Mindest- und Höchsteinkommensgrenzen – die über den Bezug des Kinderzuschlags entscheiden -abzuschaffen ( 16/8883). DIE LINKE fordert ferner, die Benachteiligung von Alleinerziehenden beim Kindergeldzuschlag zu beenden.
Am Nachmittag stimmen die Abgeordneten zudem über einen Gesetzentwurf des Bundesrates ab, der vorsieht, die Ansprüche von Werkunternehmern zu sichern und die Durchsetzung ihrer Forderungen zu verbessern ( 16/511).
Anschließend entscheidet das Parlament am Donnerstag über eine Änderung des Bundesministergesetzes. Die Regierung hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, der Einschnitte in die Versorgung von Bundesministern vorsieht (16/5052 ). Sie sollen künftig unter anderem kürzer Übergangsgeld und erst später Ruhegeld beziehen dürfen.
Zuvor entscheidet der Bundestag über einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform der gesetzlichen Unfallversicherung (16/9154). Deren Organisation soll durch Fusion kleinerer Träger künftig wirtschaftlicher arbeiten. Auch die unterschiedlichen Beitragsätze sollen so angeglichen werden.
BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN plädieren in einem Antrag dafür, das Leistungsrecht zu reformieren und das Berufskrankheitensystem zu überarbeiten, um die Verlagerung von Kosten arbeitsbedingter Erkrankungen auf die gesetzliche Krankenversicherung zu vermeiden ( 16/9312). Die FDP fordert, Wettbewerb und Kapitaldeckung in der Unfallversicherung einzuführen ( 16/6645). DIE LINKE. will in punkto Organisation keine feste Zahl von Leistungsträgern festschreiben und besteht darauf, das bestehende Leistungsniveau zu erhalten ( 16/5616).
Über vier Anträge von Koalition und Opposition zur Bekämpfung von Genitalverstümmelungen entscheidet der Bundestag später am Donnerstagabend: CDU/CSU und SPD wollen unter anderem dafür sorgen, dass Länder in denen Genitalverstümmelungen stattfinden und nicht verboten sind, im Falle einer Abschiebung aus Deutschland und der EU nicht mehr als „sichere Herkunftsländer“ gelten ( 16/9420). BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN fordern darüber hinaus, dass Genitalverstümmelung als Straftatbestand der schweren Körperverletzung eingestuft wird. ( 16/3542). Die FDP plädiert dafür, im Rahmen der Einwicklungszusammenarbeit die Rechte von Frauen mehr zu berücksichtigen ( 16/3842). DIE LINKE. fordert ferner, die Armut in Ländern, in denen Genitalverstümmelungen vorkommen, mit Projekten zu bekämpfen und so die Situation betroffener Frauen zu verbessern ( 16/4152). Der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat über die Anträge der Opposition beraten und empfohlen, sie abzulehnen ( 16/8657).
Im Anschluss daran entscheidet der Bundestag am Donnerstag über einen Gesetzentwurf, mit dem die Bundesregierung Frauen besser vor häuslicher Gewalt schützen will ( 16/6429). Das geplante Gesetz ist Teil des „Aktionsplans II zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen“ ( 16/6584), der den 1999 beschlossenen ersten Aktionsplan der Bundesregierung fortsetzen soll.
Am Freitag, dem 27. Juni 2008, stimmt der Bundestag über eine „Änderung des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit“ (FGG-Reformgesetz) ab ( 16/6308). Das ursprüngliche Rahmengesetz aus dem 19. Jahrhundert soll damit auf den Stand des modernen Prozessrechts gebracht werden.
Am Freitag Nachmittag beraten die Abgeordneten zudem über den Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses ( 16/9500). Der Bundestag erhielt 2007 demnach 16 260 Petitionen und Eingaben. Behandelt wurden 19 783. Davon stammten 3 500 Petitionen aus den Vorjahren.