Teil 3: Die Namensgeber der Bundestagshäuser
Das Paul-Löbe-Haus: Das gläserne
Bundestagsgebäude mit den zylinderförmigen
Ausschusssälen wurde 2001 bezogen. Benannt wurde es nach dem
langjährigen Reichstagspräsidenten der Weimarer Republik
Paul Löbe. Der Publizist und Politiker wirkte an der Weimarer
Verfassung mit und war Alterspräsident des 1. Deutschen
Bundestages.
Als Sohn eines Tischlers wird Paul Löbe am 14. Dezember 1875 im niederschlesischen Liegnitz geboren. Dort absolviert er eine Lehre zum Schriftsetzer, wechselt jedoch bald in den Journalismus und in die Politik. 1895 tritt er in die SPD ein und wird 1904 in die Breslauer Stadtverordnetenversammlung gewählt. Seit 1899 arbeitet Löbe als Redakteur bei der sozialdemokratischen Zeitung "Volkswacht", deren journalistische Leitung er im Jahr 1903 übernimmt. Seine Arbeit verwickelt ihn in eine Reihe politischer Prozesse: 1905 wird er zu einer einjährigen Haftstrafe verurteilt.
1919 zieht Paul Löbe in die Weimarer Nationalversammlung
und 1920 in den Reichstag ein. Mit 397 von 420 Stimmen wird er am
25. Juni 1920 zum Präsidenten des Deutschen Reichstags
gewählt. In diesem Amt ist Löbe mit einer kurzen
Unterbrechung zwölf Jahre - insgesamt vier Legislaturperioden
- lang tätig. Als die NSDAP nach den Reichstagswahlen am 31.
Juli 1932 als stärkste Fraktion in den Reichstag einzieht,
verliert er sein Amt an Hermann Göring.
In Berlin arbeitet Löbe als Redakteur für das
Parteiblatt der SPD „Vorwärts“. Am 23. Juni
1933 wird er für sechs Monate von den
Nationalsozialisten inhaftiert. Nach seiner Freilassung findet der
unter den Nationalsozialisten als „führender
Sozialdemokrat“ gebrandmarkte Löbe erst im Jahr 1935
wieder Arbeit und ist fortan als Korrektor in einem Berliner Verlag
tätig. Früh nimmt nimmt er Kontakt zum Widerstandskreis
um Carl Friedrich Goerdeler auf. Nach dem Attentat vom 20. Juli
1944 wird er aufgrund dieser Verbindung erneut verhaftet und in das
Konzentrationslager Groß-Rosen gebracht.
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges nimmt Löbe seine Arbeit
als Redakteur wieder auf. Er schreibt für die sozialistische
Tageszeitung „Das Volk“ und wird ab 1946
Lizenzträger des „Telegraf“, einer SPD-nahen
Nachkriegszeitung. Auch beteiligt sich Paul Löbe am
Wiederaufbau der SPD. Die Zwangsvereinigung mit der KPD zur SED in der
sowjetischen Besatzungszone kritisiert er scharf. Löbe
verlässt den Zentralausschuss der SPD in der Sowjetischen
Besatzungszone und engagiert sich fortan für die
Sozialdemokraten in West-Berlin. Im Parlamentarischen Rat beteiligt
er sich als Berliner Vertreter in den Jahren 1948/49
maßgeblich an der Gestaltung des Grundgesetzes.
Einstimmig wird Löbe auf dem Wiesbadener
Gründungskongress zum Präsidenten des Rates der
Europa-Bewegung gewählt, die sich für ein vereintes,
föderales Europa stark macht. Am 7. September 1949
eröffnet er, der letzte demokratische Reichstagspräsident
der Weimarer Republik, als Alterspräsident die erste Sitzung
des 1. Deutschen Bundestages.
Der Sozialdemokrat wird 1951 mit dem Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. 1954 übernimmt Paul Löbe den Vorsitz des Kuratoriums „Unteilbares Deutschland“ und setzt sich als aufrichtiger Patriot und überzeugter Europäer mit hohem Engagement für die Einigung Westeuropas und die Wiedervereinigung Deutschlands ein. Am 14. Dezember 1955 erhält er die Ehrenbürgerwürde der Stadt Berlin. Am 3. August 1967 stirbt Paul Löbe in Bonn.