Experten nannten im Sportausschuss die Probleme beim Namen
Der Tübinger Sportsoziologe Ansgar Thiel
hatte in seiner Studie über deutsche Spitzentrainer schon auf
Seite eins geschrieben: „Die größte Baustelle des
deutschen Spitzensports, ist die Situation des Trainers." Ein
erfolgreicher Trainer, so Thiel vor dem Ausschuss, sei ein gut
informierter Trainer.
"Kein Übungsleiter mehr"
Die Struktur der Informationsversorgung sei in Deutschland jedoch mangelhaft: „Die Verzahnung zwischen universitärer Forschung und dem Trainingsbetrieb ist nicht da.“ In den USA, Kanada und Australien sei zudem die Zahl der an Hochschulen ausgebildeten Trainer um ein Vielfaches höher als in Deutschland, sagte Thiel. Die Aufgaben eines Trainers, der heutzutage „kein Übungsleiter mehr ist“, seien vielschichtig und vielfach unklar. Daher seien seine Leistungen auch schwierig zu evaluieren.
Keinesfalls fehle es am Engagement der Trainer, stellte
Jürgen Mallow, Sportdirektor des Deutschen
Leichtathletik-Verbandes (DLV) klar. Er kritisierte die
komplizierten Anstellungsverhältnisse der Trainer, die Folge
der Abhängigkeit vom Athleten und der Öffentlichkeit
seien.
Erster Ansprechpartner des Athleten
Es müsse ermöglicht werden, dass ein hochspezialisierter Hammerwerfertrainer nach zehnjähriger Tätigkeit nicht in die Arbeitslosigkeit entlassen werden müsse, sondern als hauptamtlicher Nachwuchstrainer weiterbeschäftigt werden könne. Derzeit fehle es jedoch an hauptamtlichen Trainerstellen: Habe es im Bereich des DLV 1992 noch 50 Stellen gegeben, seien es jetzt noch 32,5.
Auf die komplexen Anforderungen an einen Spitzentrainer verwies die
Degenfechterin Claudia Bokel, die sowohl
Athleten-Sprecherin des DOSB als auch Mitglied der
Athletenkommission des Internationalen Olympischen Komitees (IOC)
ist. Der Trainer müsse einerseits eine hohe Spezialisierung in
seiner Sportart haben. Andererseits müsse er auch als erster
Ansprechpartner des Athleten psychologisch, sportmedizinisch,
ernährungswissenschaftlich und auf der Management-Ebene
gebildet sein.
Busfahrer und Reiseorganisator
„Mein Trainer war zudem manchmal auch noch Busfahrer und Reiseorganisator“, so Bokel. Angesichts der unattraktiven Bezahlung sei es nicht verwunderlich, dass es Probleme bei der Gewinnung von Trainernachwuchs gebe. Bokel regte an, Trainer vermehrt bei Bundeswehr und Bundespolizei anzustellen.
DOSB-Generalsekretär Michael Vesper verwies
darauf, dassdank einer Erhöhung der Mittel im Bundeshaushalt
2008 die Situation bei Trainern verbessert werden konnte. Die
Bezüge seien um sieben Prozent angehoben worden. Zudem habe
man 40 zusätzliche hauptamtliche Bundestrainerstellen
geschaffen.
"Informationsversorgung verbessern"
Die Koalitionsfraktionen betonten, mit der Aufstockung der Haushaltsmittel einen „ersten Schritt“ zur Verbesserung der Situation gemacht zu haben. Probleme der Arbeitsplatzsicherheit und des Wissenstransfers müssten noch gelöst werden. Dass laut Studie 27 Prozent der Spitzentrainer „informationsabstinent“ seien, habe ihn „vom Hocker gerissen“ sagte der FDP-Vertreter. Die Informationsversorgung müsse unbedingt verbessert werden.
Während die Linksfraktion kritisierte, dass nur zwölf
Prozent der Spitzentrainer Frauen seien, die zudem auch noch
deutlich schlechter bezahlt würden als ihre männlichen
Kollegen, forderten Bündnis 90/Die Grünen eine bessere
Bezahlung der Trainer. Dies sei wichtiger, als hohe Prämien
für den Erfolgsfall auszuloben.