Parlamentspräsidenten erörterten in Paris die Zukunft der EU
Die institutionelle Zukunft der Europäischen Union stand im Mittelpunkt einer Konferenz der EU-Parlamentspräsidenten am 27. und 28. Februar 2009 in Paris. Konkret ging es dabei um die Umsetzung der Regelungen des Vertrags von Lissabon durch die nationalen Parlamente. Eingeladen hatten die Präsidenten der Nationalversammlung und des Senats der französischen Republik, Bernard Accoyer und Gérard Larcher. Die Parlamentspräsidenten treffen sich einmal im Jahr auf Einladung des Landes, das in der zweiten Hälfte des Vorjahres die EU-Ratspräsidentschaft innehatte.
Der Einladung der französischen Gastgeber waren neben dem
Präsidenten des Europaparlaments, Hans-Gert Pöttering,
die Parlamentsspitzen von 39 Kammern aus den 27 EU-Mitgliedstaaten
sowie aus den Beitrittsanwärterstaaten Kroatien, Türkei
und Mazedonien gefolgt. Bundestag und Bundesrat wurden durch ihre
Präsidenten, Prof. Dr. Norbert Lammert und Peter Müller,
Ministerpräsident des Saarlandes, vertreten.
Der Vertrag von Lissabon, den Bernard Accoyer den "Vertrag der Parlamente" nannte, wird von den Parlamenten deshalb ausdrücklich begrüßt, weil sich ihre Kompetenzen, ihre Informations- und die Mitwirkungsrechte bei der EU-Gesetzgebung mit dem Inkrafttreten deutlich erweitern und damit verbessern werden.
Gleichzeitig müssen die nationalen Parlamente Vorkehrungen
treffen, um ihre Rechte wahrzunehmen und untereinander noch
unmittelbarer zu kommunizieren. Über den Stand der
Verbesserung der "Europafähigkeit" der Parlamente und
über die Weiterentwicklung der Webseite IPEX, die dem internen
Informationsaustausch dient, haben sich die Konferenzteilnehmer
gegeseitig informiert.
Sie beschlossen, genau zu verfolgen, wie sich die Regierungen auf die Fortführung des so genannten Haager Aktionsprogramms zum Raum der Freitheit, der Sicherheit und des Rechts in der EU vorbereiten und die Vorstellungen der Parlamente in die Beratungen in Stockholm einfließen zu lassen.
Ein weiteres Thema war die Rolle der Parlamente bei der
Bewältigung von Krisen wie etwa dem Konflikt zwischen Georgien
und Russland, der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise und den
stockenden Friedensverhandlungen im Gaza-Streifen.
Die Parlamentspräsidenten erwarten, dass die EU hier mit einer Stimme spricht und so ihre ganze Bedeutung in die Suche nach den besten Lösungsansätzen einbringt. Auch zeigten sie sich zuversichtlich, dass konkrete Ergebnisse dazu führen, den Bürgern die EU im Vorfeld der Wahlen zum Europäischen Parlament näherzubringen.
Schließlich nahmen die Präsidenten Europa im Jahr 2030
in den Blick. Der Vorsitzende der so genannten Reflexionsgruppe zur
Zukunft Europas, der frühere spanische Ministerpräsident
Felipe Gonzalez, informierte
über den Auftrag der Gruppe, die soeben ihre Tätigkeit
aufgenommen hat.
Die Präsidenten betonten, dass die Gruppe sich nicht nur mit den Werten der Europäischen Union, sondern auch mit der europäischen Identität befassen müsse. Sie riefen dazu auf, im Abschlussbericht klare und für alle verständliche Empfehlungen aufzuzeigen.
Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert traf sich am
Rande der Konferenz unter anderem zu bilateralen Gesprächen
mit den Parlamentspräsidenten von Litauen und Mazedonien sowie
mit Bronislaw Komorowski, dem Präsidenten des polnischen
Parlaments, des Sejm. Er betonte, dass eine Erweiterung der
Europäischen Union das Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon
voraussetze.