US-Großaktionär äußerte sich im Finanzausschuss als Sachverständiger
Der US-amerikanische Investor J. Christopher Flowers hat die von der Bundesregierung als ultima ratio geplante Möglichkeit der Verstaatlichung von Banken abgelehnt und stattdessen der Regierung vorgeschlagen, sich über den Weg einer Kapitalerhöhung an der angeschlagenen „Hypo Real Estate“ (HRE) zu beteiligen. Flowers hatte sich mit von ihm beratenen Trusts im letzten Jahr mit 1,1 Milliarden Euro an der HRE beteiligt und besitzt etwa ein Viertel der Aktien. Wie die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) in einer Anhörung des Finanzausschusses zu dem von den Fraktionen von Union und SPD eingebrachten Gesetzentwurf zur weiteren Stabilisierung des Finanzmarktes am Montag, 16. März 2009, mitteilte, beträgt die gesamte Marktkapitalisierung der HRE derzeit nur noch 190 Millionen Euro.
J. Christopher Flowers erklärte zu dem Gesetzentwurf
(16/12100), eine Rekapitalisierung der HRE
würden die Steuerzahler entlasten, da keine Entschädigung
gezahlt werden müsse, „und wir würden Anteilseigner
des Unternehmens bleiben“. Der US-Investor bestritt
energisch, dass eine Verstaatlichung der HRE zu einem höheren
Rating der Bank bei den Finanzagenturen führen werde. Es gebe
genügend Beispiele auf der Welt, dass eine komplette
Übernahme einer Bank durch den Staat nihct zu zu dem
höchsten Rating von AAA geführt habe.
Zur Frage der Entschädigung, die Investoren wie Flowers nach den Bestimmungen des Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetzes zustehen würde, stellte der Präsident der Deutschen Bundesbank, Prof. Dr. Axel Weber, die Gegenfrage, ob im Falle der HRE überhaupt noch ein Netto-Unternehmenswert vorhanden sei.
Weber sagte, bei einem systemischen Institut wie der HRE
müssten die Interessen der Eigentümer und des Staates
berücksichtigt werden. Eine Verstaatlichung stehe
grundsätzlich im Gegensatz zur Wirtschaftsordnung. Aber bei
einem systemischen Institut gar nichts zu tun, sei keine
Alternative.
Der Sachverständige Günther Merl, der kurzzeitig Chef des Bankenrettungsfonds Soffin gewesen war, wies darauf hin, dass bei einer Beteiligung des Bundes zu 100 Prozent an der HRE, die er befürwortete, die Refinanzierungskosten des Instituts, um 1 bis 1,5 Milliarden Euro sinken würden.
Flowers erklärte mehrfach, dass er die Zukunft der HRE positiv
sehe und einen steigenden Aktienkurs erwarte. „Die HRE
könnte ohne staatliche Unterstützung nicht
überleben“, stellte Flowers aber auch klar. Er
widersprach Weber energisch und erklärte, dass die HRE
durchaus noch einen Wert habe.
Der Präsident der BaFin, Jochen Sanio, wies darauf hin, dass die deutschen Banken bis Ende März ihre Bilanzen vorlegen müssten. Einige Banken hätten bereits ihre Bilanzen vorgelegt, andere wie die HRE noch nicht. „Die Stunde der Wahrheit kommt“, sagte Sanio. Es könne Fälle geben, bei denen hohe Verluste aufgelaufen und keine Reserven mehr vorhanden seien. „Das wäre dann die Stunde der BaFin“, erklärte Sanio.
Wenn eine Bank unter die Grenze von acht Prozent Gesamtkapitalquote
und vier Prozent Kernkapitalquote gefallen sei, „dann
wären wir in einer aufsichtlich getriebenen
Vorinsolvenz“, sagte der BaFin-Präsident. Dass die
Koalition das Gesetzgebungsverfahren so schnell abschließen
wolle, bezeichnete Sanio als „notwendig“.
Prof. Dr. Christoph Kaserer (Technische Universität München) kritisierte an dem Entwurf, dass eine Insolvenz der HRE als Möglichkeit ausgeschlossen werde. Der Fall Lehman Brothers sei mit HRE nicht vergleichbar.
Dagegen sprach sich der Deutsche Gewerkschaftsbund dringend
für eine Verstaatlichung aus. Umstritten war unter den
Sachverständigen die Befristung einer möglichen
Verstaatlichung bis zum 20. Juni 2009. Der Deutsche Sparkassen- und
Giroverbandes bezeichnet die Befristung als sinnvoll, während
Prof. Dr. Stephan Paul (Universität Bochum)
dagegen war. Es gebe eine „ordnungspolitische Lücke
für ein Extremszenario“. Die Krise könne
wiederkommen.