Das Internationale Parlaments-Stipendium (IPS) des Deutschen Bundestages bietet 2009 bereits zum 24. Mal Hochschulabsolventinnen und -absolventen aus mittlerweile 27 Ländern ein Programm, das seinesgleichen sucht. Fünf Monate erfahren sie in Deutschland das politische, kulturelle und wirtschaftliche Leben. Dazu gehört auch ein viereinhalbmonatiges Praktikum bei einem Bundestagsabgeordneten. Am 19. März 2009 hat Bundestagsvizepräsidentin Dr. Susanne Kastner (SPD) die 117 Stipendiatinnen und Stipendiaten im Lichthof der Technischen Universität Berlin offiziell begrüßt.
Der Lichthof in der Technischen Universität Berlin
(TU), in dem sich sonst Studierende aufhalten, ist an diesem
Abend für die 117 Stipendiatinnen und Stipendiaten
hergerichtet. Vor einem Podium und einem Rednerpult sind
Stuhlreihen, die nicht nur Platz für die Stipendiaten bieten,
sondern auch für einige Bundestagsabgeordnete, die an der
Begrüßung teilnehmen.
Nicht alles wie sonst
Das diesjährige IPS sei in einem besonderen Jahr, sagte der erste Vizepräsident der TU, Jörg Steinbach, vor den erwartungsvollen Augen der jungen Frauen und Männer aus 27 Ländern der Welt. Denn: Vor genau 20 Jahren fiel die Berliner Mauer.
Aber auch weitere Ereignisse machen 2009 zu
einem außergewöhnlichen IPS-Jahr, ergänzte
Susanne Kastner. Dazu gehört die Wahl des
Bundespräsidenten und das 60-jährige Jubiläum des
Grundgesetzes am 23. Mai
Probleme gemeinsam überwinden
"Die großen politischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts können die Länder nur gemeinsam überwinden", sagt Kastner.
Dazu gehöre nicht nur die Finanzkrise – auch
längerfristige Ziele wie die Sicherung von Frieden,
Menschenrechten und der Lebensgrundlage sowie die Chancengleichheit
im Bildungswesen. "Politik lebt vom Gestaltungswillen der
Menschen", fügte die Vizepräsidentin hinzu.
Wahlkampf macht IPS besonders
"Seien Sie kritisch, engagiert und pünktlich – das ist in Deutschland wichtig", forderte der Abgeordnete Wolfgang Börnsen (CDU/CSU) die Stipendiaten mit einem Augenzwinkern auf. Auch der Wahlkampf spielt im 24. IPS-Jahr eine bedeutende Rolle. Der Sprecher der Berichterstattergruppe für internationale Austauschprogramme findet das Parlaments-Stipendium 2009 gerade wegen der anstehenden Bundestagswahl spannend, weist aber auch darauf hin, dass es nicht so leicht sei, in dieser Zeit durchgängig ein guter Gastgeber zu sein.
Bevor aber nun die Stipendiaten selbst zu Wort kommen, gibt
Börnsen ihnen noch einen Tipp mit auf den Weg: "Seien Sie
charmant – die Berliner können es auch, wenn sie
wollen". Ein zustimmendes Raunen geht durch den Saal. Ermutigt
durch die Worte des Abgeordneten, beginnen sich die
Stipendiaten der 27 Länder in alphabetischer Reihenfolge
vorzustellen.
Pyramiden ausgraben und kostenlose Croissants
Albanien macht den Anfang und hofft, dass es nicht nur im
Alphabet ganz vorne steht, sondern bald auch in der Wirtschaft.
Während der Saal von Weißrussland über berechtigte
und unberechtige Klischees aufgeklärt wird, berichteten die
Stipendiaten aus Bosnien und Herzegowina von kürzlich
entdeckten Pyramiden in der Nähe von Sarajewo und forderten
alle Anwesenden auf, ihnen beim Ausgraben der prächtigen
Bauwerke zu helfen.
Dass in Estland auch manchmal die Sonne scheint und nicht alle
Einwohner träge und depressiv sind, klärten die
Stipendiaten aus dem nördlichsten Land des Baltikums auf. Und
die Franzosen hatten eigentlich nur ein Anliegen: Kostenlose
Croissants in der Kantine!
Nationalhymne für alle
Georgien ist zwar ein kleines Land, wenn man es aber bügeln würde, sei es so groß wie die Ukraine, sagte eine Stipendiatin grinsend. Auch musikalische Einlagen kamen nicht zu kurz. Moldawien sang selbstbewusst seine Nationalhymne – nur summen konnten hingegen die Stipendiaten aus dem erst 2008 unabhängig gewordenen Kosovo ihre Hymne. Denn: Um die sechs Minderheiten in dem jungen Staat zu vereinen und nicht durch ihre Sprache zu trennen, besteht ihre Nationalhymne nur aus einer Melodie.
27 Länder mit 27 verschiedenen Geschichten – das bietet
nur das IPS. Und nach diesem Abend ist klar: Die nächsten
Urlaubsziele sind schon geplant. Alle Stipendiaten machten
nämlich deutlich, dass sie sich über den Besuch aller
Anwesenden im Saal freuen würden. "Wir müssen unsere
Parlamentszeit verkürzen, um alle Einladungen wahrzunehmen",
dachte Wolfgang Börnsen zwischendurch laut –- die
Zustimmung ließ nicht lange auf sich warten.