Regierungserklärung von Angela Merkel zum bevorstehenden NATO-Gipfel
Als "Markstein für die deutsch-französische Beziehung" hat Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU) den bevorstehendenf NATO-Gipfel bezeichnet. In ihrer Regierungserklärung am Donnerstag, 26. März 2009, im Deutschen Bundestag sprach sie sich für eine strategische Neuausrichtung der NATO aus. Das nordatlantische Verteidigungsbündnis feiert am 4. April in Straßburg, Kehl und Baden-Baden symbolträchtig sein 60-jähriges Bestehen.
Die wichtigste Anforderung des Gipfels ist laut Bundeskanzlerin
Merkel die Neugestaltung der strategischen Ziele aufgrund einer
Fülle neuer Erfahrungen wie dem 11. September 2001 oder der
ISAF-Operation in Afghanistan. Dies erfordere auch eine "neue
operative Realität" wie etwa die Einsätze außerhalb
des Bündnisgebietes.
Zugleich sprach sie sich aber dafür aus, Grenzen für die Erweiterung des westlichen Militärbündnisses zu setzen: «Ich sehe keine globale NATO. Das Bündnis müsse auf die "kollektive Sicherheit der nordatlantischen Partner" konzentriert bleiben. Es müsse nicht rund um den Globus Mitgliedstaaten geben.
Außerdem sei ein neues Verständnis von Sicherheit
gefordert: "Das Grundprinzip der vernetzten Sicherheit muss Eingang
finden in die strategische Allianz." Die NATO sei Teil einer
vernetzten Sicherheit mit Akteuren wie den Vereinten Nationen oder
der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa
(OSZE) sowie mit Nichtregierungsorganisationen. Daher
plädierte sie für mehr Kooperation: "Das hört sich
einfach an, ist aber vergleichsweise revolutionär."
Bei dem strategischen Konzept betonte sie die Aufgabe der Prävention, "damit wir nicht an einen Punkt gelangen, an dem nur noch militärische Mittel helfen". Die wichtigste momentane Bewährungsprobe sei Afghanistan. Merkel lehnte jedoch zugleich eine Erhöhung des deutschen Engagements ab: "Mit den Leistungen seit 2002 können wir Deutschen uns im Bündnis wirklich sehen lassen." Dies werde sie auf dem Gipfel mit Nachdruck vertreten.
In Bezug auf die Betrittsperspektiven von Georgien und der Ukraine
merkte die Kanzlerin an, dass die Tür für sie offen
gehalten werde. Man müsse europäische Demokratien
aufnehmen, die gewillt und fähig seien, zu einer gemeinsamen
Sicherheit beizutragen.
Guido Westerwelle (FDP) betonte, dass die Nato für seine Partei mehr als ein Verteidigungsbündnis eine Wertegemeinschaft sei: "Und damit ist sie auch Ausdruck einer engen Partnerschaft zu den Vereinigten Staaten von Amerika." Er vermisste bei der Revision der US-Außenpolitik, die transatlantische Partnerschaft neu zu begründen: "Es ist nicht klug, einen Meinungsbildungsprozess passiv zu verfolgen."
Auch Walter Kolbow (SPD) plädierte dafür, die
transatlantische Beziehung und die Chance bei einem "frischen Wind"
aus Washington zu nutzen: "Die Kontakte mit unseren amerikanischen
Freunden müssen wir nutzen und intensivieren." Zwar
bestärkte er den Aspekt der Wertegemeinschaft seines
Vorredners, fügte aber hinzu. "Die NATO ist auch eine
Präventionsgemeinschaft."
Oskar Lafontaine (Die Linke) warf der Nato vor, dass sie verantwortlich sei für zwei Drittel der Rüstungsausgaben der Welt. "Die NATO ist ein Interventionsbündnis, das völkerrechtliche Kriege führt." Seine Fraktion fordere den Rückzug der Truppen aus Afghanistan.
Peter Ramsauer (CDU/CSU) hielt Lafontaine entgegen: "Mit
marktschreierischer Demagogie werden Sie dem Thema nicht gerecht."
Er betonte die Festigung der transatlantischen Partnerschaft und
die Wichtigkeit der NATO für Deutschland: "Deutsche Interessen
lassen sich ohne die NATO nicht schützen."
"Richtungslosigkeit" in der Außenpolitik
Unterbrochen wurde er mit einer Zwischenfrage aus der Linken-Fraktion, die auf das Demonstrationsrecht im Rahmen der Gipfel-Proteste hinwies, das in Frankreich massiv eingeschränkt werde, beispielsweise würden die "Pace"-Friedensfahnen verboten sein. Daraufhin zeigten Fraktionsmitglieder diese Fahnen und Blätter mit der Aufschrift. "No NATO, no war", wurden dafür allerdings umgehend von Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert (CDU) gerügt, der dies als "Mätzchen" verurteilte.
Jürgen Trittin (Bündnis 90/Die Grünen) warf der
Bundesregierung in der Außenpolitik völlige
"Richtungslosigkeit" vor. Außerdem bemängelte er, dass
Merkel auch künftig auf eine "nukleare Teilhabe" in Form einer
Einflussnahme nicht verzichten wolle.