Parlament rang um die beste Bildungspolitik der Zukunft
Krista Sager, stellvertretende Fraktionsvorsitzende von
Bündnis 90/Die Grünen, eröffnete die Debatte mit den
Worten, dass die Große Koalition einen „Irrweg“
eingeschlagen habe. Die Föderalismusreform I, die eine
Zusammenarbeit von Bund und Länder in der Bildung verbietet,
habe die Koalition „zur lahmen Ente“ gemacht.
Heftig kritisierte sie auch das Konjunkturprogramm, das die
Regierung als Bildungsprogramm verkaufe. Man solle „lieber in
Köpfe als in Beton investieren“. In der beruflichen
Ausbildung hätten Union und SPD eine Strukturreform mit
konjunkturunabhängigen Bausteinen versäumt. Wo das Geld
für mehr und bessere Bildung herkomme, sei auf dem
Bildungsgipfel vertagt worden. Die Grünen schlagen die
Umwandlung des Solidaritätszuschlages in einen
„Bildungssoli“ vor.
Cornelia Pieper, stellvertretende Parteivorsitzende der FDP, beklagte, dass die Debatte, die zur Bilanz der Bildungspolitik der Großen Koalition geriet, an diesem Tag ohne die Bildungsministerin Annette Schavan geführt werde. Es werde „viel geredet und wenig gehandelt“. Wie alle anderen Fraktionen wolle auch die FDP die Ausgaben für Bildung erhöhen. Doch ginge es mehr „um Ideologie und nicht mehr um das Kind“. Eine „politische Prioritätensetzung kann ich nicht erkennen“, warf sie der Bundesregierung vor.
Sie forderte zur Finanzierung eine Bildungssparzulage. Mit der
Föderalismusreform I habe sich die Regierung „selbst
eine Schlinge um den Hals“ gelegt. Nach einem
wissenschaftlichen Gutachten dürfe der Bund in den
Ländern nicht über die energetische Sanierung von Schulen
investieren.
Marcus Weinberg, der für die Union sprach, zählte die Erfolge der Großen Koalition auf. So sei am Meister-BAFöG nicht „rumgebastelt“ worden, wie Krista Sager es ausgedrückt hatte, sondern die Erwachsenenbildung ausgeweitet worden. Bildung habe einen „noch nie so einen hohen Stellenwert“ in Politik und öffentlicher Wahrnehmung gehabt.
Er fügte hinzu, dass Bildungsreformen jedoch lange dauern. So
sei der Anteil an Schulabgängern ohne Hauptschulabschluss noch
zu hoch und die Weiterbildungsbereitschaft stagniere
tatsächlich. Seine Bilanz: Die „Arbeit war gut“,
werde aber in vielen kleinen Schritten weitergehen.
Der SPD-Bildungspolitiker Ernst Dieter Rossmann erwiderte auf die Kritik an der Großen Koalition, dass die „Priorität Bildung ausdrücklich stärker geworden“ sei. Der Bildungsgipfel habe Niederschlag mit zehn Milliarden Euro für Bildung im Konjunkturprogramm gefunden.
Für Rossmann ist Bildung ein öffentliches Gut. Der Besuch
von Kita, Schule und Hochschule müsse kostenlos sein und
öffentlich gefördert werden: "Dafür stehen
wir“, bekräftigte er. Gleichzeitig warnte er vor einer
kapitalgestützten Finanzierung, die wie zurzeit in den USA
Krisen ausgesetzt sei. Er habe jedoch den Wunsch, dass alle
Fraktionen miteinander reden.
Bodo Ramelow, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Linken, stellte die Gemeinsamkeiten mit anderen Fraktionen in der Analyse heraus. Wichtig sei, dass es bei der Finanzierung um das Vermögen gehe, „was Kinder im Kopf haben“, und nicht darum, was Eltern im Portemonnaie haben.
Deutschland als eines der reichsten Länder der Erde müsse
sich auf Bildungschancen verständigen können und nicht
auf das Niveau von „Hütchenspielern“ verfallen. Er
warb für die Forderung seiner Fraktion, der
bildungspolitischen Kleinstaaterei ein Ende zu setzen mit einer
Gemeinschaftsaufgabe Bildung im Grundgesetz. 16 verschiedene
Schulsysteme, „die nicht kooperativ arbeiten“, hielt er
für dringend debattenbedürftig.
Oppositionsanträge abgelehnt
Der Antrag von Bündnis 90/Die Grünen „Zukunft schaffen, Bildung stärken - Bildungspolitische Herausforderungen als gesamtstaatliche Aufgabe ernst nehmen“ (16/12687) wurde ebenso wie der neu eingebrachte Antrag der FDP „Klarheit beim Konjunkturpaket II – Bildungspolitische Handlungsspielräume für Länder und Kommunen einräumen“ ( 16/12668) an den Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung überwiese
Vier Anträge der Opposition (
16/9808,
16/10586,
16/10328,
16/10587), lehnte der Bundestag auf Empfehlung
des Bildungsausschusses (
16/12656) ab. Abgelehnt wurde auch der Antrag
von Bündnis 90/Die Grünen „Bildungsstrategie
für mehr Chancengerechtigkeit starten“ (
16/7465,
16/12661).