Bundesministerin Aigner rechtfertigt Genmais-Anbauverbot im Bundestag
Die Entscheidung von Bundesernährungsministerin Ilse Aigner (CSU), den Anbau des vom US-Konzern Monsanto hergestellten gentechnisch veränderten Maises MON810 in Deutschland zu untersagen, war der Auslöser einer kontroversen Aussprache im Bundestag am Donnerstag, 23. April 2009. Beantragt wurde die Aktuelle Stunde von Bündnis 90/Die Grünen, die „Meinungsverschiedenheiten“ innerhalb der Bundesregierung in dieser Frage ausgemacht hatten, da Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) die Entscheidung ihrer Ministerkollegin bedauert hatte.
Renate Künast, Fraktionsvorsitzende der Grünen und vor
Jahren selbst Bundesernährungsministerin, unterstrich, dass
Bundesforschungsministerin Schavan für die Anbauentscheidung
nicht zuständig sei. An die Bundesregierung richtete sie die
Frage, ob sie eine andere Position als Aigner einnehmen wolle.
„Was ist die Auffassung der Bundesregierung?“, wollte
Künast wissen.
Wenn es die CSU ernst meine mit ihrer Entscheidung, müssten
nun weitere Schritte folgen wie etwa gentechnikfreie Futtermittel
und der Stopp weiterer Zulassungen. „Wir wollen nicht unter
Kuratel einiger weniger Konzerne stehen“, betonte die
Grünen-Politikerin. Verbraucher und Bauern wollten keine
Gentechnik.
„Wo immer wissenschaftliche Anhaltspunkte gegeben sind, muss ich reagieren“, rechtfertigte Ministerin Ilse Aigner ihre Entscheidung. Wie bei allen jungen Technologien müssten Chancen und Risiken abgewogen werden. „Wir brauchen gesichertes Wissen, wir brauchen Zeit“, sagte Aigner.
Mit Blick auf die Entscheidung über eine Zulassung der
gentechnisch veränderten Stärkekartoffel
„Amflora“ kündigte sie an, Gespräche
führen zu wollen. Dabei müsse der Schutz von Mensch und
Umwelt an vorderster Stelle stehen.
Aigner bekannte sich ausdrücklich zum Wissenschaftsstandort
Deutschland und sagte, es sei sinnvoll, dass Deutschland die
weltweite Forschung auf diesem Gebiet mitgestalte. Dies gelte auch
für die „grüne Gentechnik“. Diese sei
ein kontroverses Thema: „Wir brauchen gesicherte
wissenschaftliche Kenntnisse“, so Aigner. Ängste und
Befürchtungen müssten aufgenommen werden. „Wir
können nicht alles tun, aber wir müssen tun, was wir
können“, fasste sie ihre Position zusammen.
Widerspruch erntete die Ministerin von der FDP-Abgeordneten Dr. Christel Happach-Kasan. Das Thema gehe über bloße Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Bundesregierung hinaus. Mitten in der Wirtschaftskrise gehe es um den Erhalt und die Schaffung neuer Arbeitsplätze. „Die Bundesregierung exekutiert eine Verbotspolitik, sodass Arbeitsplätze ins Ausland abwandern“, sagte Happach-Kasan.
Für die Sozialdemokraten wunderte sich Ulrich Kelber, dass es
in der CSU anfangs die entschiedensten Gentechnik-Befürworter
gegeben habe, während die Christsozialen jetzt die
entschiedensten Gegner der Gentechnik seien. Die Bundesregierung
brauche eine klare Linie, betonte Kelber, der die Entscheidung der
Ministerin ausdrücklich begrüßte.
Die Linksfraktion spricht sich auch für ein Anbauverbot der Amflora-Genkartoffel aus, machte Eva Bulling-Schröter deutlich. Hilfsorganisationen wie Misereor oder „Brot für die Welt“ lehnten die Gentechnik als Möglichkeit, den Welthunger zu lindern ab. Der Welthunger müsse durch eine „gerechtere Weltwirtschaftsordnung“ und nicht durch gentechnisch veränderte Nahrungsmittel bekämpft werden.
Für Axel E. Fischer (CDU/CSU) ist die Gentechnik ein Thema,
das man nicht einfach zur Seite schieben könne. So müsse
bei gentechnisch veränderten Anbauprodukten kein
Pflanzenschutzmittel auf die Felder ausgebracht werden, da der
Pflanzenschutz bereits im Saatgut angelegt sei. Richtig sei,
so Fischer, dass Deutschland zumindest in der Forschung weiterhin
auf Gentechnik setze. „Wir müssen aufpassen, dass uns
nicht der Vorwurf des Protektionismus gemacht wird“, sagte
Fischer mit Blick auf die Entscheidung der Ministerin.