Niederländische Schülerinnen und Schüler zu Gast bei Abgeordneten
Deutschland, wie man es als Niederländer nicht erwartet – für eine Gruppe niederländischer Schülerinnen und Schüler war ihr Besuch im Deutschen Bundestag ein Aha-Erlebnis. Denn drei Mitglieder der Deutsch-Niederländischen Parlamentariergruppe, Otto Fricke (FDP), die Vorsitzende Britta Haßelmann (Bündnis90/Die Grünen) und Dr. Barbara Hendricks (SPD), erklärten ihnen in niederländischer Sprache den politischen Alltag als Bundestagsabgeordnete.
Während man Deutschland mit seinen vielfachen Mitwirkungs- und
Mitbestimmungsebenen als "Graswurzeldemokratie" bezeichnen kann,
werden in den Niederlanden die Bürgermeister immer noch von
der Königin eingesetzt und die Entscheidungswege laufen eher
von oben nach unten.
Dieser Unterschied war der Grund für die Bitte einer deutschstämmigen Lehrerin des Sondervick College in Veldhoven an Dr. Barbara Hendricks, ihre Schülerinnen und Schüler in den Deutschen Bundestag einzuladen. Hendricks stimmte zu und bat weitere Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen aus der deutsch-niederländischen Parlamentariergruppe dazu.
"Wir machen beides – große Politik und konkrete
Hilfestellung vor Ort, wir sind bei großen wie bei kleinen
Ereignissen ansprechbar –- für Niederländer etwas
Ungewohntes, denn dort kennt man keine für Wahlkreise
zuständigen Abgeordneten", beschrieb Barbara Hendricks das
Politikerleben und verglich das Pendeln zwischen Wahlkreis und
Berlin mit der Arbeit eines Monteurs im Außeneinsatz.
Die Frage einer Schülerin nach einer deutschen Entsprechung des niederländischen Rechtspopulisten Geerd Wilders konnten die Abgeordneten verneinen. Nach Meinung Otto Frickes hat sich in Deutschland aufgrund seiner Geschichte ein wachsames Sprachgefühl gegen Volksverhetzung entwickelt. Andererseits kämen viele Entwicklungen aus den Niederlanden einige Jahre später auch in Deutschland an.
Einig waren sich die Abgeordneten, dass Wilders existierende
Probleme verschärfe und neue schaffe, die Bevölkerung
spalte und keine Lösung habe. Die daraufhin aufkommende
Diskussion um niederländische Identität konnte Britta
Haßelmann mit einem Zitat aus der Zeitung "De Volkskrant"
bereichern: "Die niederländische Identität gibt es nicht
– sie ist divers".
Das Königshaus spielt in dem Zusammenhang immer noch eine große Rolle. Dessen Einfluss und Wertschätzung ließen einen Schüler sogar vermuten, der Berliner Alexanderplatz könne nach dem holländischen Thronfolger Willem Alexander benannt sein
Überhaupt Berlin! Die Besucher aus Veldhoven begeisterten sich
an seiner Vielfalt und Buntheit, an der Freundlichkeit und jungen
Erscheinung der deutschen Hauptstadt. Zu dieser guten Meinung
trugen nicht nur eine geschichtsträchtige Fahrradtour, eine
Bootsfahrt, Film, Theater und Variété bei, sondern
auch der Besuch einiger der hervorragenden Museen und des
Holocaustmahnmals. Auch das offene deutsche Parlament und seine
bürgerfreundlichen Abgeordneten haben bei den
holländischen Grenznachbarn für Freundschaft und
Gemeinsamkeit geworben.