Ausstellung zum 20. Jahrestag der Wende im Berliner Paul-Löbe-Haus
Vor 20 Jahren fiel nicht nur die Berliner Mauer, vor 20 Jahren wurde auch die 40-jährige Teilung Europas überwunden. Die friedliche Revolution des Jahres 1989 ist ganz wesentlich auf die Entwicklung in Polen zurückzuführen, die ihren Anfang im August 1980 nahm, als sich die unabhängige Gewerkschaft "Solidarność" (Solidarität) in Danzig (Gdańsk) gründete. An die Bedeutung der Solidarność für den "Weg zur Freiheit" erinnerten Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert und der Präsident des polnischen Parlaments, Sejm-Marschall Bronisław Komorowski am Dienstag, 26. Mai 2009. Im Berliner Paul-Löbe-Haus im Bundestag eröffneten sie eine Ausstellung zum 20. Jahrestag der Wende in Polen, die bis zum 17. Juni zu sehen sein wird.
Die Ausstellung wendet sich in erster Linie an die Deutschen, sagte
Lammert im Anschluss auf Fragen polnischer Journalisten. Da ihnen
die eigene Geschichte und die eigenen Erlebnisse
näherlägen, sei es wichtig, die Entwicklung in Polen in
Erinnerung zu rufen, ohne die die Berliner Mauer vermutlich nicht
schon am 9. November 1989 gefallen wäre. Die
Veränderungen in Europa seien "nicht vom Himmel gefallen,
sondern erkämpft worden", und zwar ganz wesentlich in
Polen.
"Die Ausstellung trägt dazu bei, das Verständnis für diese Zusammenhänge und für die jüngere europäische Geschichte zu vertiefen", betonte Lammert. Am 17. Juni, dem Tag, an dem die Ausstellung endet, werde der Bundestag in einer Gedenkstunde an den Aufstand in der DDR im Jahre 1953 erinnern.
Am Reichstagsgebäude werde an diesem Tag ein
Originalstück der Mauer der Danziger Werft zusammen mit einer
Gedenktafel angebracht, um die historische Verbindung dieser beiden
Ereignisse zu verdeutlichen, die in einer Reihe von Ereignissen zur
Befreiung und Wiederherstellung der Einheit Europas zu sehen seien,
sagte Lammert.
Der Sejm-Marschall nahm Bezug auf das erste Musikstück "Mury" (Mauern), mit dem das Camerata Quartet aus Warschau die Ausstellungseröffnung eingeleitet hatte. In den achtziger Jahren hatte das Lied des Liedermachers Jacek Kaczmarski große Bedeutung für die Oppositionellen in Polen.
"Ziehe den Mauern die Zähne der Gitter aus! Sprenge die
Fesseln, zerbreche die Knute! Und die Mauern stürzen ein, sie
stürzen, sie stürzen ein und begraben die alte Welt",
heißt es im Refrain des Liedes. "Wir hörten Mury und
andere Lieder Kaczmarskis und hatten Zweifel, ob wir den Sturz der
Mauern und die Freiheit noch erleben werden", erinnerte sich
Komorowski.
Auch in Kreisau in Niederschlesien, dem Ort, an dem sich Bundeskanzler Kohl und Polens Ministerpräsident Mazowiecki nach der Wende zur Versöhnungsmesse getroffen hatten, werde es ein Denkmal mit einem Stück der Berliner Mauer geben, sagte Komorowski.
Für Lammert ist die Ausstellung "vielleicht die schönste,
die im Paul-Löbe-Haus je zu sehen war", und "sicher eine der
wichtigsten, die im Deutschen Bundestag je zu sehen waren".
Über dieses Lob konnte sich besonders Pater Dr. Maciej
Zięba freuen, Direktor des Europäischen Zentrums für
Solidarität freuen, das die Ausstellung konzipiert hatte.
In der multimedialen Ausstellung sind unter anderem auf 18 Monitoren Filmausschnitte aus der polnischen Nachkriegsgeschichte bis zur Wende zu sehen. Die "Solidarność" hatte sich nach ihrer Gründung in eine gewaltige soziale Kraft verwandelt. Mit neun Millionen Mitgliedern gehörte ihr bereits im Frühjahr 1981 die überwiegende Mehrheit der Beschäftigten an.
Der charismatische Streik- und Gewerkschaftsführer Lech
Wałęsa wurde zum Symbol dieser sozialen Bewegung, einer
authentischen Gewerkschaft, die die wirtschaftlichen und sozialen
Rechte ihrer Mitglieder verteidigen und zum ersten Mal von der
regierenden Partei, der Staats- und Wirtschaftsverwaltung
unabhängig sein wollte.
Die Welle der Begeisterung führte weg vom kommunistischen Autoritarismus hin zur Demokratisierung und Emanzipation und trug maßgeblich zu den großen Veränderungen in Polen und Europa neun Jahre später bei. Die Gespräche der Vertreter der Bewegung und des kommunistischen Regimes am "Runden Tisch" führten zu den ersten freien Wahlen 1989.
Im Herbst wird im Sejm in Warschau, dem polnischen Parlament, eine
ähnliche Ausstellung zum 20. Jahrestag des Falls der Berliner
Mauer zu sehen sein. Den beiden Parlamenten, die intensiv
zusammenarbeiten, ist es nach den Worten Norbert Lammerts ein
wichtiges gemeinsames Anliegen, die Verbindung zwischen
Solidarność-Bewegung und Mauerfall zum Ausdruck zu
bringen.
27. Mai bis 17. Juni 2009
Deutscher Bundestag
Westfoyer des Paul-Löbe-Hauses
Konrad-Adenauer-Straße 1
Berlin-Mitte
Montag: 8.00 bis 16.00 Uhr
Dienstag bis Donnerstag: 8.00 bis 17.00 Uhr
Freitag: 8.00 bis 14.00 Uhr
+49 (0)30 227 33644
Der Eintritt ist frei.