Planspiel und Diskussion zum Abschluss von "Jugend und Parlament"
308 Jugendliche haben für vier Tage die Rolle von Abgeordneten eingenommen – als Teilnehmer des Planspiels „Jugend und Parlament“. In Sitzungssälen im Paul-Löbe-Haus und im Reichstagsgebäude spielten sie fiktive Gesetzgebungsverfahren durch. Am Dienstag, 16. Juni 2009, stand dann die abschließende Beratung im Plenum an. 36 Rednerinnen und Redner meldeten sich in der Plenardebatte zu Wort, bei der vier Tagesordnungspunkte beraten wurden: eine Grundgesetzänderung zur Einführung von Elementen direkter Demokratie, ein Gesetzentwurf zur Berücksichtigung von Kindererziehung bei der Festlegung der Rentenbeiträge, ein Beschluss über ein Mandat zum Auslandseinsatz der Bundeswehr in Lateinamerika und ein Gesetz zur Erhöhung des Anteils von Biokraftstoffen.
Die Vizepräsidentinnen und -präsidenten des Bundestages,
Gerda Hasselfeldt (CDU/CSU), Petra Pau (Die Linke), Wolfgang
Thierse (SPD), Dr. Susanne Kastner (SPD) und Dr. Hermann Otto Solms
(FDP), leiteten die Plenardebatte. Sie hatten sichtlich Spaß
dabei, die emotionsgeladenen Debatten der jungen Abgeordneten zu
begleiten, in denen Redner als "Kriegstreiber" bezeichnet und
Minister zum Rücktritt aufgefodert wurden.
Klartext geredet wurde auch in der anschließenden Diskussion
der Teilnehmer mit den Vorsitzenden der Bundestagsfraktionen.
Dr. Peter Struck (SPD), Dr. Guido Westerwelle (FDP), Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen), Dr. Gregor Gysi (Die Linke) und für die CDU/CSU-Fraktion die Abgeordnete Dorothee Bär stellten sich den Fragen der Jugendlichen. Die Teilnehmer des Planspiels, die sich in einer Großen Koalition organisiert hatten, hatten nach eigenem Bekunden "große Probleme, den Laden zusammenzuhalten". Das veranlasste Peter Struck zu der Feststellung: "Ich habe in jeder Sitzung einen Aufstand von irgend jemandem." Die Vertreter der kleinen Parteien im Jugendparlament fanden es "deprimierend, dass wir mit unseren Vorschlägen kaum durchkommen".
Ihnen pflichtete Renate Künast bei: "Kontrolle ist wirklich
schwierig gegen eine Koalition mit Zweidrittelmehrheit." Guido
Westerwelle betonte die große Ehre, im Parlament arbeiten zu
dürfen und dort soziale Kompetenz und Kompromissbereitschaft
zu lernen. Und Gregor Gysi gab den Jugendlichen den Rat: "Nehmen
Sie die Sache wichtig, und sich nicht ganz so ernst, dann kommt der
politische Erfolg von alleine." Die Moderation der Diskussion hatte
Dr. Peter Frey, Leiter des ZDF-Hauptstadtbüros,
übernommen.
In seinem Schlusswort sprach Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert (CDU/CSU) die wichtige Rolle der Parteien im parlamentarischen Geschehen an: "Ohne die Organisation in Parteien kann man im Bundestag nichts bewegen. Und um etwas zu bewegen, darf man Niederlagen nicht als gegeben hinnehmen, darf nie nachlassen und muss immer wieder aufs Neue für seine Überzeugungen kämpfen."
Beim Planspiel "Jugend und Parlament" übernahmen die
Jugendlichen die Rollen fiktiver Abgeordneter. Mit neuem Namen,
neuer Biografie und neuer politischer Gesinnung brachten sie ihre
Gesetzesinitiativen durchs parlamentarische Verfahren. Sie trafen
sich in Landesgruppensitzungen, Fraktionssitzungen und
Arbeitsgruppensitzungen und erlebten so den Alltag der
Abgeordneten.
Organisiert hatte man sich in fünf Fraktionen nach den aktuellen realen Verhältnissen: die Konservative Volkspartei (KVP) zählte 113 Abgeordnete, die Arbeiterpartei Deutschlands (APD) 111 Abgeordnete, die Liberale Reformpartei (LRP) 31, die Partei der sozialen Gerechtigkeit (PSG) 27 und die Ökologisch-Soziale Partei (ÖSP) 26.
Eingeladen wurden die Jugendlichen von den "realen"
Bundestagsabgeordneten, die sie im Laufe der viertägigen
Veranstaltung vom 13. bis 16. Juni auch in ihren Büros
besuchten konnten. Das Planspiel "Jugend und Parlament" wird seit
1981 jährlich vom Besucherdienst des Deutschen Bundestages
ausgerichtet.