Kein Staat dieser Welt ist vom Klimawandel so sehr bedroht wie Bangladesch. Bis 2080 – so die Prognosen – werden 15 Prozent der Landfläche des asiatischen Staates im Meer versunken sein. Über die Anpassung an den Klimawandel in Bangladesch sprachen am Mittwoch, 1. Juli 2009, zwei Experten vor dem Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Dr. Atiq Rahman, Direktor des Bangladesh Center for Advanced Studies und UN-Umweltpreisträger 2008, sowie Thomas Hirsch, Berater für Ernährungssicherheit und Klimawandel bei „Brot für die Welt“.
Atiq Rahman erklärte, dass der Klimawandel in Bangladesch
gänzlich von einem Element abhänge: Wasser. „Davon
gibt es einerseits zu viel, andererseits zu wenig, und oft in der
falschen Art“, sagte Rahman und nannte folgende
Beispiele:
Thomas Hirsch von „Brot für die Welt“ wies darauf
hin, dass die Regierung Bangladeschs auf den Klimawandel reagieren
wolle. Aber erstens fehle das Geld und zweitens sei die Verwaltung
in abgelegenen Regionen nicht präsent. „Nachhaltige
Erfolge können nur in Zusammenarbeit mit
Nichtregierungsorganisationen erzielt werden“, sagte Hirsch.
„Sie agieren vor Ort, befragen die Betroffenen und
können mit ihnen gemeinsam sinnvolle Strategien zur Anpassung
an den Klimawandel erarbeiten.“
In der anschließenden Diskussion kamen von den Mitgliedern des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung kritische Anmerkungen, vor allem in Bezug auf die Verantwortlichkeit der Regierung Bangladeschs. Vorsitzender Thilo Hoppe (Bündnis 90/Die Grünen) fasste das Bündel von Fragen an die Experten zusammen: „Wie kann man eine funktionierende Infrastruktur aufbauen? Wie kann man dabei die Korruption umgehen? Was soll die deutsche und internationale Politik gegen den Klimawandel tun, speziell im Falle Bangladeschs? Und was kostet das?“
Atiq Rahman machte deutlich: Nicht die Anpassung an den Klimawandel müsse das höchste Ziel der Weltgemeinschaft sein, sondern die Entschärfung desselben. In Bangladesch selbst sei es dringend nötig, die Bevölkerung an der Arbeit gegen den Klimawandel zu beteiligen – obwohl die meisten Menschen die Zusammenhänge des Klimawandels nicht verstünden. „Was sie aber verstehen: Es läuft etwas falsch, die Katastrophen werden kommen. Da muss man ansetzen“, erklärte der UN-Umweltpreisträger.
Die Rahmenbedingungen für effektiven Klima- und
Katastrophenschutz müsse die Regierung Bangladeschs selbst
schaffen. An einem nationalen Aktionsplan seien bereits 25
Ministerien beteiligt. Man beschäftige sich auf
Regierungsebene mit dem Schutz vor Zyklonen oder der Aufforstung.
Es sei aber alles noch wenig konkret und vor allem
unterfinanziert.
Dabei benötige es nach Aussage von Rahman „Milliarden von Dollar“, um Bangladesch vor den Folgen des Klimawandels zu schützen. Thomas Hirsch meinte dazu: „Die Finanzierung der Anpassung an den Klimawandel kann nur gelingen, wenn man mit offenen Karten spielt, Beträge fordert und auch zur Verfügung stellt.“ Der Ernährungs- und Klimaexperte erklärte, dass der Bau schützender Deiche selbst in den Niederlanden kaum finanzierbar sei. In Bangladesch werde wohl alles auf die Umsiedlung von Millionen von Menschen herauslaufen. „Das Problem der Klimaflüchtlinge, ihrer Umsiedlung und Kompensationen dafür müssen endlich international diskutiert und geregelt werden“, forderte Hirsch.
Auf regionaler Ebene sei der Schutz vor Naturkatastrophen übrigens leicht finanzierbar, sagte Hirsch und erzählte von der Arbeit der Nichtregierungsorganisationen. 500 Euro koste beispielsweise die Stabilisierung der Grundmauern von einfachen Häusern, 200 Euro ein effektiver Sturmschutz, und auch die Wasseraufbereitung sei nicht teuer.